Regierungsbildung in Prag könnte sich verzögern
10. Oktober 2021Der 77-jährige Staatspräsident Milos Zeman wurde ins Zentrale Militärkrankenhaus von Prag gebracht und liegt dort auf der Intensivstation. Nach Angaben der Krankenhausleitung gibt es bei Zeman Komplikationen im Zusammenhang mit einer bereits bekannten Diagnose. Zu seinem genauen Zustand wurden seitdem keine Details bekannt. Auch die Krankenhausleitung wollte nicht sagen, wie es um den Präsidenten steht.
Präsident traf Andrej Babis
Zeman hatte sich vor seinem Transport ins Krankenhaus noch mit Ministerpräsident Andrej Babis getroffen. Augenzeugen zufolge verließ kurz danach ein Krankenwagen den Präsidentenpalast westlich der Hauptstadt Prag.
Babis hat bei der Parlamentswahl am Freitag und Samstag knapp seine Regierungsmehrheit verloren. In Führung liegt eine Gruppe mehrerer konservativer und liberaler Oppositionsparteien, die eine Ablösung von Babis und dessen populistischer Partei ANO anstrebt. Eine wichtige Rolle spielt allerdings Staatspräsident Zeman, der laut Verfassung den Ministerpräsidenten ernennt. Er hatte angekündigt, der stärksten Einzelpartei den Regierungsauftrag erteilen zu wollen. Das war erneut die ANO von Babis, während es sich bei den Oppositionsgruppen um Bündnisse aus mehreren Parteien handelt.
Zeman ist Verbündeter von Babis
Babis hat bislang keinen Hinweis gegeben, in die Opposition gehen zu wollen. Sollte der Präsident ihm die Befugnis erteilen, werde er Gespräche zur Bildung eines Kabinetts führen. In Tschechien leitet der Staatspräsident für gewöhnlich Gespräche mit den Parteispitzen, um Mehrheiten im Parlament auszuloten.
Der Präsident kann jederzeit einen Ministerpräsidenten ernennen. Das neue Kabinett muss sich dann innerhalb eines Monats einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Zeman ist ein Verbündeter von Babis. Er hatte sich seit dem Wahlergebnis noch nicht zu den nächsten Schritten geäußert.
Oppositionsbündnis bleibt optimistisch
Laut vorläufigem Ergebnis landete das Oppositionsbündnis Spolu (Gemeinsam) bei der Parlamentswahl am Samstag mit 27,78 Prozent der Stimmen knapp vor Babis' ANO mit 27,14 Prozent. Spolu käme damit zusammen mit dem linksliberalen Oppositionsbündnis unter Führung der Piratenpartei auf eine Mehrheit von 108 der 200 Sitze im Parlament und könnte eine Koalitionsregierung bilden.
Spolu-Chef Petr Fiala erklärte sich aufgrund seines "starken" Mandats zur Bildung der nächsten Regierung bereit. "Der Präsident wird dies berücksichtigen müssen", betonte er.
nob/ml (rtr, afp, ap)