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Regierung will Asylrecht verschärfen

Mathias Bölinger23. Juni 2014

Die Bundesregierung möchte drei Staaten auf dem Balkan zu sicheren Herkunftsländern erklären, um damit die Asylverfahren zu beschleunigen. Experten sind sich uneinig, ob das verfassungskonform ist.

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Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber in Zirndorf (Bild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wenn es nach der Bundesregierung geht, dann sollen es Asylbewerber aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien in Zukunft schwerer haben, in Deutschland anerkannt zu werden. Die Große Koalition möchte die drei Staaten zu "sicheren Herkunftsländern" erklären. Der Grund für diese Initiative: In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Flüchtlinge aus diesen Ländern stark angestiegen. Hatten im Jahr 2011 noch rund 9.000 Menschen aus den drei Ländern Asyl in Deutschland beantragt, so waren es 2013 mehr als 30.000 - zumeist Roma - die in Deutschland Schutz vor Diskriminierung suchen.

99+ Prozent Ablehnung

Manfred Schmidt, der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, das für die Bearbeitung der Fälle zuständig ist, erklärt, dass mehr als 99 Prozent der Anträge aus diesen drei Ländern abgelehnt werden. "Die Verfahren aus den drei Westbalkanstaaten binden Ressourcen. Wir sind deshalb nicht in der Lage, uns um die Fälle aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea zu kümmern, die tatsächlich Schutz brauchen", sagte Schmidt am Montag (23.06.2014) in einer Anhörung vor dem Innenausschuss des Bundestags.

Auch Hans-Eckhard Sommer, Ministerialrat im bayerischen Innenministerium, plädiert angesichts steigender Flüchtlingszahlen für das Gesetz. "Die Kommunen sind an der Grenze ihrer Belastungsfähigkeit angekommen", sagt er. Unterstützung erhalten beide vom Juraprofessor Daniel Thym, der die prekäre Lage der Roma in diesen Ländern nicht für einen Fluchtgrund hält. "Das Asylrecht ist nicht der Ort, um soziale und wirtschaftliche Probleme in den Herkunftsländern zu lösen."

Infografik neue Asylanträge EU-Staaten 2013 (Copyright: DW)
Neue Asylanträge in den EU-Staaten im Jahr 2013

Das sieht der Frankfurter Rechtsanwalt Reinhard Marx anders. Für ihn ist klar, dass das Gesetz gegen die deutsche Verfassung und gegen europäisches Recht verstößt. Um ein Land als "sicher" zu erklären, genüge es nicht, darzulegen, dass der Staat niemanden verfolge. Vielmehr müsse nachgewiesen sein, dass die Bürger auch tatsächlich Schutz vor Verfolgung und Diskriminierung genießen. Das habe die Koalition mit ihrem Entwurf aber nicht geleistet.

"Zwei Stunden Anhörung für drei Staaten, das wird dem Prüfauftrag nicht gerecht", empört er sich. Tatsächlich gebe es in allen drei Ländern ein Ausmaß an Diskriminierung, das in manchen Fällen einer schweren Menschenrechtsverletzung gleichkomme, sagt auch die Politologin Karin Waringo von der Roma-Organisation Chachipe. "Die Bundesregierung macht es sich einfach, indem sie oberflächlich die Gesetze in den Ländern betrachtet", kritisiert sie. "Das Problem ist nur, dass diese Gesetze nicht, oder nur sehr selektiv angewendet werden."

Zehn Minuten Zeitersparnis

Die Regel der "sicheren Herkunftsstaaten" wurde 1993 eingeführt, als Deutschland sein Asylrecht verschärfte. Im Moment zählen zu diesen Ländern alle Staaten der Europäischen Union sowie Ghana und Senegal. Sollten Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sicheren Drittstaaten erklärt werden, bedeutet das aber noch nicht, dass Menschen aus diesen Staaten keine Asylanträge mehr stellen könnten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wäre weiterhin verpflichtet, jeden Antragsteller persönlich anzuhören. Lediglich bei der Formulierung der Ablehnungsbescheide spare man "etwa zehn Minuten", sagte Amtschef Schmidt. Er hofft dennoch, dass die Regelung seine Mitarbeiter entlasten würde. "In allen Ländern, die als sichere Drittstaaten geltenausgewiesen wurden, sind die Antragszahlen zurückgegangen."