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"Reform zum Emissionshandel hilft Klima nicht"

16. Februar 2017

Wer CO2 in die Luft pustet, soll zahlen, wer CO2 spart, spart auch Geld. Der EU-Emissionshandel verfolgt diese Idee, doch das System hakt. Eine Reform soll helfen, "ist aber zu schwach", so Juliette de Grandpré vom WWF.

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Oberhausen Rauch, Dampf Luftverschmutzung durch Kokerei
Bild: Getty Images/L. Schulze

Deutsche Welle: Frau de Grandpré. Das EU-Parlament hat über Reformvorschläge zum Emissionshandel abgestimmt. Wie sehen diese aus?

Wir haben diese Ergebnisse scharf kritisiert. Seit mehreren Jahren gibt es zu viele CO2-Zertifikate auf dem Markt. Heute sind es etwa zwei bis drei Milliarden zu viel und bis 2020 werden es noch mehr. Es gibt ein Überangebot auf dem Markt und nur eine geringe Nachfrage.

Das Überangebot von Zertifikaten sorgt für niedrige CO2-Preise. So sind die Anreize für Emissionsminderungen zu niedrig oder gar nicht vorhanden. Das Emissionshandelssystem kann so nicht funktionieren.

Zum anderen sehen wir das Problem, dass die Industrie zu viele kostenlose Zertifikate bekommt. In der nächsten Dekade werden Zertifikate im Wert von 160 Milliarden Euro an die Industrie verschenkt. Auch hier gibt es kein Preissignal, keinen Anreiz für Emissionsminderungen. Und gerade das Preissignal ist der Sinn dieses Systems.

Welche CO2-Minderung brauchen wir, um die Klimaziele zu erreichen?

Juliette de Grandpré, WWF-Referentin für europäische Klimapolitik,
Juliette de Grandpré, Expertin für europäische KlimapolitikBild: WWF

Die EU will im Vergleich zu 1990 eine Emissionsminderung von 20 Prozent bis 2020 und 40 Prozent bis 2030. Dieses Ziel für 2030 wurde im Oktober 2014 vom Europäischen Rat beschlossen. Ein Jahr später wurde das globale Klimaabkommen in Paris verabschiedet mit dem Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.

Logischerweise müsste nach dem Pariser Abkommen das EU-Ziel verschärft werden. Von der EU gab es aber bisher keine Anpassung. Es wird weiterhin das alte EU-Ziel verfolgt und entsprechend schwach ist der Emissionshandel ausgelegt.

Wie sehr müsste der CO2-Ausstoß gesenkt werden, damit Europa das Pariser Klimaabkommen erfüllt?

Nach unserer Auffassung müssten die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent reduziert werden und bis 2050 um mindestens 95 Prozent.

Wie geht es jetzt weiter?

Die EU-Kommission hatte im Juli 2015 schon einen sehr schwachen Vorschlag für die Reform des Emissionshandels formuliert. Das Europaparlament hat es leider nicht geschafft, die Ambitionen zu verschärfen. Nun wird der EU-Umweltrat am 28. Februar beraten. Leider ist es so, dass der Rat die Vorschläge der Kommission oder des Parlaments selten verbessert. Deshalb sind wir wenig optimistisch, dass der Emissionshandel wirksam reformiert wird.

Können mit der geplanten Reform die Pariser Klimaziele überhaupt erreicht werden?

Nein. Dafür fehlt gerade der politische Wille. Wir glauben nicht, dass diese schwache Reform einen Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele leisten kann. Der Emissionshandel wird weiterhin kaum eine Rolle spielen dabei, den Klimaschutz voranzutreiben. Deswegen werden andere nationale Maßnahmen gebraucht.

Einige Mitgliedsstaaten verfolgen ambitioniertere Ziele als die EU. Und diese Staaten brauchen wirkungsvolle Klimaschutz-Maßnahmen. In Deutschland wird zum Beispiel über den Kohleausstieg diskutiert, aber auch in Frankreich, den Niederlanden und in einigen anderen EU Ländern. 

Sind CO2-Steuern auch ein zusätzliches Instrument?

Ja. Es gibt die Diskussion um CO2-Steuern und um einen Mindestpreis für CO2 im Emissionshandel. Dies können zusätzliche Maßnahmen sein, damit die Pariser Klimaziele erreicht werden können. In Deutschland müssen wir schnell den Kohleausstieg beschließen.

Da wir seit zehn Jahren über den Emissionshandel verhandeln, aber einige EU-Länder die nötigen Reformen blockieren, führt das zu einer allgemeinen Blockade. Wir brauchen zusätzliche Maßnahmen und ein Bündnis von Ländern, die hier ambitioniert vorangehen.

Wir haben die Blockaden und die Pariser Klimaziele. Was ist Ihre Prognose?

Ich bin optimistisch. Ich sehe, dass viele Regierungen die Dringlichkeit des Problems verstehen. Das Bewusstsein ist da. Ich glaube, dass sie sich für mehr Klimaschutz einsetzen werden, damit sie das Pariser Klimaabkommen erfüllen. Das braucht Zeit und viel Geduld, aber es wird funktionieren. Aber der Emissionshandel wird dabei keine Rolle spielen.

Juliette de Granpré ist Expertin für europäische Klimapolitik bei der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund For Nature).

Das Interview führte Gero Rueter.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion