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Politik

Rechtsruck in Südamerika?

José Ospina-Valencia
13. Oktober 2018

Bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien steht Rechtspopulist Jair Bolsonaro kurz vor dem Sieg. Auch in Argentinien, Chile und Kolumbien sind konservative Präsidenten an der Macht. Formiert sich eine "Neue Rechte"?

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Brasilien Wahl 2018 | Bolsonaro erscheint nit zur Pressekonferenz
Bild: Getty Images/AFP/M. Pimentel

Noch ist Jair Bolsonaro nicht Präsident. Erst muss er sich am 28. Oktober nochmals in einer Stichwahl durchsetzen. Doch sein haushoher Vorsprung in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Brasilien hat sowohl für Freudentaumel bei seinen Anhängern gesorgt, als auch große Befürchtungen bei seinen Gegnern ausgelöst.

Befürchtungen, die der chilenische Präsident Sebastian Piñera ausräumen wollte, als er während seiner Europareise auf einem Wirtschaftsforum in Madrid kundtat, dass der Kandidat Bolsonaro "in Wirtschaftsfragen auf dem richtigen Weg" sei. Und in Argentinien sagte Außenminister Jorge Faurie, dass "die Brasilianer ihre demokratischen Rechte in aller Freiheit ausgeübt hätten und sich für die Zukunft statt für die Vergangenheit entschieden" hätten.

BRICS Gipfel Mauricio Macri Präsident Argentinien
Argentiniens Präsident Mauricio MacriBild: picture-alliance/dpa/V. Astapkovich

Beide Erklärungen sind in der Region auf viel Kritik gestoßen und wurden als "voreilig" abgelehnt. Trotzdem stellen sich viele Beobachter die Frage, ob man angesichts der konservativen Regierungen von Macri in Argentinien, Piñera in Chile, Duque in Kolumbien und demnächst möglicherweise Bolsonaro in Brasilien von einer rechtskonservativen Welle in Lateinamerika sprechen kann. "Demokratie lebt vom Wandel", sagt Michael Klein, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Chile, der DW. Er glaubt, dass die "Machtwechsel in Lateinamerika keine Überraschung sein sollten, zumal der Boom der linken Regierungen mehr als 15 Jahre lang anhielt".

Wirtschaftsprogramm als Streichliste

Mariana Llanos, Forscherin am GIGA-Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg möchte noch nicht von einer "Neuen Rechten" in Lateinamerika sprechen. Piñera fabuliere über den angeblichen richtigen Wirtschaftskurs von Bolsonaro, dieser müsse aber "noch eine Strategie präsentieren, die aus mehr besteht als nur Kürzungen", so Llanos.

Chile Präsident Sebastian Pinera bei Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag
Chiles Präsident Sebastian PineraBild: Imago/Aton Chile/C. Iglesias

Außerdem hält es Llanos für unzulässig "Macri, Piñera und Bolsonaro in einen Topf zu werfen". "Macri bewegt sich innerhalb der demokratischen Regeln, sucht den Konsens mit der Opposition, so wie jeder andere demokratische Regierungschef, der über keine absolute Mehrheit im Parlament verfügt". 

Auch Piñera in Chile, so die GIGA-Expertin, "respektiere die Regeln der Demokratie". Von Bolsonaro könne man das noch nicht sagen, habe er doch damit gedroht, "Wahlergebnisse nicht anzuerkennen, falls er nicht gewinnt. Und falls er gewinnt, was wird er tun, wenn das brasilianische Parlament sich weigert, eines seiner Gesetze zu erlassen?", so Llanos.

Keine rechte Bewegung, sondern eine antidemokratische 

Für Llanos ist "das, was in Brasilien vorherrscht, kein Rechtsruck, sondern eine Unsicherheit darüber, ob Bolsonaro die Verfassung respektieren wird." Beide Experten sind sich einig, dass das eigentliche Problem nicht der Machtwechsel zwischen links und rechts ist, sondern die Infragestellung der Demokratie und der Einhaltung ihrer Regeln. Doch falls Bolsonaro der nächste brasilianische Präsident wird, "muss er respektieren, dass die Mehrheit der Brasilianer die Verfassung gutheißt und weiter in einer Demokratie leben will", warnt Llanos. 

Kolumbien Präsident Ivan Duque
Kolumbiens Staatschef Ivan DuqueBild: picture-alliance/AP Photo/I. Valencia

Doch warum wählen etwa 50 Millionen Menschen in Brasilien einen Kandidaten ohne ein überzeugendes Wirtschaftsprogramm, das helfen könnte, die Armut in Brasilien zu mindern? Bolsonaro sei ein Teil "der Welle populistischer Regierungen, die weltweit im Aufwind sind und von denen nicht zu erwarten ist, dass sie ihre Versprechungen halten", so der Politologe Andreas Klein. Seiner Ansicht nach ist das Kapital, aus dem die Populisten ihre Kraft schöpfen, "die Enttäuschung von Millionen von Wählern über die Regierungseliten, egal ob sie von rechts oder links kommen."