Rauswurf auf Raten aus Ägypten
18. Mai 2016Ägypten bleibt unbeirrt bei seinem Kurs, die politische Bildungsarbeit ausländischer Organisationen immer weiter einzuschränken. Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung ist nun gezwungen, auch ihr verkleinertes Verbindungsbüro in Kairo zu schließen. Zuvor hatte sie wegen eines De-facto-Arbeitsverbots schon ihr Regionalbüro nach Jordanien verlagert. Auch andere Stiftungen und Organisationen sind bereits aus dem Land gedrängt worden. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die ohnehin gespannten Beziehungen zwischen Kairo und Berlin und auf die anhaltende Einschränkung von Meinungsfreiheit und Opposition am Nil.
"Die jetzt verkündete Entscheidung ist eine weitere Maßnahme der ägyptischen Regierung, um einen offenen, pluralistischen gesellschaftlichen Dialog zu verhindern", erklärte die Naumann-Stiftung öffentlich. Es sei bedauerlich, dass auf diplomatischem Wege keine Lösung erreicht werden konnte. Der diplomatische Weg war in diesem Fall die Vorladung des ägyptischen Botschafters in Berlin, Badr Abdelatty. Die deutschen politischen Stiftungen leisteten in ihren Gastländern wichtige Arbeit, hieß es dazu aus dem Bundesaußenministerium. Dies müsse auch in einem Umfeld zunehmenden politischen Drucks auf die Zivilgesellschaft möglich bleiben.
Unterstützung für NGOs
Der Druck wächst seit einigen Jahren konstant. Über Jahrzehnte engagierten sich die liberale Naumann-Stiftung und viele andere deutsche und internationale Organisationen für die Förderung der Zivilgesellschaft am Nil. Sie organisierten Seminare, Konferenzen und Schulungen und förderten Nicht-Regierungsorganisationen (Non-governmental Organization = NGO). Das taten sie auch nach dem Sturz von Langzeit-Herrscher Husni Mubarak Anfang 2011. Doch dann forderten die Behörden die Stiftungen auf, sich wie ägyptische Organisationen unter strikten Auflagen neu registrieren zu lassen. Andernfalls hätten sie keine gültige Arbeitserlaubnis mehr. Die Stiftungen beharrten dagegen auf ihrem unabhängigen Status. Alle Versuche, deren Arbeit durch ein deutsch-ägyptisches Abkommen auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen, scheiterten bislang.
Jana Warkotsch, Ägypten-Expertin am GIGA-Institut für Nahost-Studien, sieht zwei Gründe für die Haltung in Kairo. So gebe es seit Machtübernahme des heutigen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi starke Ressentiments gegen westliche Einmischung. "Gleichzeitig sind die Attacken gegen die politischen Stiftungen ein Nebenphänomen der starken Repressionskampagne gegen jegliche Form des politischen Dissens", erläutert Warkotsch im DW-Gespräch. "Diese zielt auf nationale Organisationen ab, auf politische Parteien, Protestbewegungen und zivilgesellschaftliche Organisationen und dann auf die ausländischen Stiftungen, die sie unterstützen."
Arbeit eingefroren
In dem sich zuspitzenden Konflikt hatten ägyptische Gerichte 2013 mehr als 40 Mitarbeiter europäischer und amerikanischer Organisationen verurteilt. Der Vorwurf lautete, sie hätten keine Lizenz und hätten illegal Gelder an ägyptische Organisationen überwiesen. Auch Mitarbeiter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung waren davon betroffen. Sie musste ihre Aktivitäten am Nil einfrieren. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung bietet - laut Website - im laufenden Jahr Veranstaltungen in Ägypten an.
Die Friedrich-Naumann-Stiftung wurde Ende 2014 mit einem Verbot aller Aktivitäten belegt. Deshalb zog das Regionalbüro in die jordanische Hauptstadt Amman um. In Kairo sollte nur ein kleineres Verbindungsbüro bleiben, um die Kontakte vor Ort noch zu pflegen, erläutert der Leiter des Nahost-Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung, René Klaff der Deutschen Welle. Nur wenige ägyptische Mitarbeiter sollten dafür vor Ort weiterarbeiten. Dagegen hätten die Behörden zunächst nichts eingewandt. "Jetzt, wo wir auf zwei Mitarbeiter reduzieren, sagen sie uns: Jetzt müsst ihr das Land verlassen", führt der Büroleiter aus. Einen konkreten Anlass für diesen Meinungsumschwung kann er nicht erkennen.
Die politische Bildungsarbeit sei völlig unmöglich geworden, klagt Klaff. "Wir können ja nur auf der Grundlage eines Konsenses mit dem Gastland arbeiten. Bis der wiederhergestellt ist, müssen wir hier passiv bleiben", beschreibt er die Situation.
Kairo macht Berlin verantwortlich
Die ägyptische Seite macht Berlin dafür verantwortlich, dass noch keine Einigung über eine rechtliche Grundlage für die Stiftungsarbeit erzielt wurde. Kairo habe bereits mehrere Vorschläge zur Lösung des Problems gemacht, teilte die ägyptische Botschaft in Berlin mit. Die deutsche Seite habe jedoch nicht darauf reagiert.
Das sieht Klaff anders. "Die ägyptische Seite behauptet zwar, dass sie die Rahmenbedingungen dafür schaffen will, sie tut es aber faktisch nicht", kritisiert Klaff. Er begrüßt, dass sich die Bundesregierung für die Stiftungen einsetzt und den Botschafter einbestellte. "Auch auf anderen diplomatischen Kanälen ist es zu Kontakten gekommen, in denen die deutsche Seite ihr Unverständnis ausgesprochen hat", sagt Klaff. Die Vereinbarung über die Entwicklungszusammenarbeit mit Ägypten umfasse schließlich auch die politische Bildung.