Fantastische Literatur
22. April 2010Vampire, die sich in Menschen verlieben. Verschrobene Physiker, die durch die Zeiten reisen. Degenerierte Orks, die das Menschenreich bedrohen. Romantic Fantasy, Space Fiction oder Urban Fantasy – zahlreich sind die Einordnungen und Vermarktungsstrategien in der fantastischen Literatur. Gemeinsam ist ihnen eine erfundene Welt mit eigenen Gesetzen. Und eine treue, kauffreudige Leserschaft.
Einmal ein literarischer Gott sein
Einer, der diese neuen Welten in der deutschsprachigen Literatur ziemlich erfolgreich erschafft, ist Markus Heitz. Über 30 Bücher hat er bislang geschrieben, für einige hat er den Deutschen Phantastik Preis bekommen. "Die Fantasy ist insofern sehr spannend, weil ich die eigenen Gesetze mache. Ich kann selbst entscheiden, wie eine Welt aussieht und kann so im großen Umfang sehr schöpferisch sein", sagt Heitz.
Seine Romane erscheinen wie am Fließband, nur ein halbes Jahr dauert es von der Idee bis zum fertigen Manuskript. Das schnelle Tempo und die große Menge an Publikationen sind durchaus typisch für fantastische Schriftsteller. "Die literarische Abteilung beäugt uns schon sehr kritisch, aber das macht mir nicht viel aus", sagt Heitz. Er habe sich schließlich in seinem Germanistik-Studium auch viel mit ernster Literatur herumgeschlagen. "Es ist wie im normalen Leben auch: Es gibt den Bäcker um die Ecke und jeder kauft da sein Brot, aber nur Wenige gehen ab und zu in den Gourmetladen und holen sich dort Gänsestopfleber. So ähnlich ist es auch in der Literatur."
Aus einem Bestseller werden ganz viele
Durchaus neidisch könnten die Literaten allerdings auf die treue und konstant große Leserschaft der Fantasy-Autoren sein. Ist ein Roman einmal erfolgreich, kommt häufig gleich eine ganze Serie hinterher. Um nur ein Beispiel aus dem Universum des Markus Heitz zu nennen: auf den Bestseller "Die Zwerge" folgte "Der Krieg der Zwerge", "Die Rache der Zwerge" und "Das Schicksal der Zwerge".
"Dass ich heute keine Nebenjobs mehr habe und ausschließlich von meinen Büchern leben kann, das verdanke ich der Verfilmung von 'Herr der Ringe' – ohne Frage." Zwar erreiche die fantastische Literatur nicht mehr derartige Spitzenwerte wie noch vor einigen Jahren, dennoch sei "aus dem Boom eine relative Konstante geworden, der 'Herr der Ringe' hat uns Fantasy-Autoren aus der Schmuddelecke der Buchläden herausgeholt."
Jede erfundene Welt hat ihren Verlag
Auf diese konstant hohe Nachfrage der fantastischen Literatur haben sich auch die Verlage eingestimmt. Jeder versucht sich in einer Nische innerhalb der Fantasy zu positionieren und teilt sich so geschickt die Bestseller auf. Markus Heitz beispielsweise veröffentlicht bei mehreren Verlagen – je nachdem ob er gerade eine Vampir-Geschichte, eine Zwergen-Saga oder Space Fiction geschrieben hat.
Am längsten im Geschäft ist der Verlag Klett-Cotta mit seinem Programm "Hobbit Presse". Vor über 40 Jahren brachte er Tolkiens "Hobbit" an die deutschen Leser – und natürlich auch den "Herrn der Ringe". Tolkien ist ein wichtiges Standbein des gesamten Verlags, sagt die Vertriebsleiterin Gaby Schuska. Im Herbst soll ein völlig neuer Tolkien erscheinen, ein vom Sohn gefundener und zusammengetragener Roman.
"Mit dem Fantasy-Boom haben sich plötzlich auch viele weitere Publikumsverlage auf Fantasy eingestimmt", sagt Schuska. "Im Laufe der letzten Jahre habe ich schon beobachtet, dass sich in diesem Bereich sehr viel mehr tummelt – aber doch immer noch mit einer relativen Entspanntheit."
Relativ entspannt wirkt auch Autor Markus Heitz. Sein neuer Roman "Judassohn" in seiner Vampir-Reihe "Kinder des Judas" ist gerade erschienen. Ende des Jahres folgt bereits mit "Judastöchter" die Fortsetzung.
Autorin: Nadine Wojcik
Redaktion: Gabriela Schaaf
Markus Heitz: Judassohn, Ein Vampirthriller. Knaur. 686 Seiten. 14,95 Euro.