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Goetz mit Büchner-Preis geehrt

31. Oktober 2015

Schlagartig berühmt wurde Rainald Goetz, als er sich vor laufenden Kameras die Stirn aufritzte und seine Lesung blutüberströmt beendete. Nun wurde der Provokateur mit dem bedeutendsten deutschen Literatur-Preis geehrt.

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Rainald Goetz (Foto: Daniel Maurer/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/D. Maurer

Der 61-jährige Schriftsteller ist am Samstag in Darmstadt für sein Lebenswerk mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet worden. In seiner Laudatio erklärte der Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Jürgen Kaube, das Werk des Preisträgers enthalte "eine Polemik gegen Illusion und Fiktion". Alle Stoffe entnehme der Autor seinem tatsächlichen Leben.

Der mit 50.000 Euro dotierte Georg-Büchner-Preis wird von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen und gilt als renommierteste literarische Auszeichnung im deutschsprachigen Raum. Er wird seit 1951 als Literaturpreis verliehen. Zu den Preisträgern gehören namhafte Schriftsteller wie Sibylle Lewitscharoff (2013), Felicitas Hoppe (2012), Friedrich Dürrenmatt (1986), Heinrich Böll (1967), Erich Kästner (1957) und Gottfried Benn (1951). Namensgeber ist der Dramatiker und Revolutionär Georg Büchner (1813-1837), aus dessen Feder beispielsweise das Dramenfragment "Woyzeck" über den gleichnamigen, gedemütigten Soldaten stammt.

Goetz: Schriftsteller sind "kaputte Ich-Spezialisten"

Goetz sagte in seiner Dankesrede, der Georg-Büchner-Preis stehe für ihn im Spannungsfeld zwischen der Jugend seines Namensgebers und der ehrwürdigen Akademie, die ihn vergebe. Diese Akademie sei jedoch eine "geniale institutionelle Provokation". Sie "vergesellschaftet das individuelle Schreiben" von Autoren, die mit fortschreitendem Alter zu "kaputten Ich-Spezialisten" würden, sagte Goetz. Deshalb sei er froh, dass die Akademie immer wieder auch junge Schriftsteller ehre.

Bis aufs Blut

Der diesjährige Preisträger, Goetz, wurde in München geboren und wuchs dort auf. Nach dem Abitur studierte er in München und Paris Geschichte, Theaterwissenschaft und Medizin. Sowohl in Geschichte als auch in Medizin erwarb Goetz einen Doktortitel. Seit 1976 schrieb Goetz für die "Süddeutsche Zeitung" vorwiegend Rezensionen, 1978 erschien seine erste Veröffentlichung in der Literaturzeitschrift "Kursbuch".

Rainald Goetz mit blutender Stirn beim Ingeborg-Bachmann-Literaturwettbewerb 1983 (Bild: ORF Kärnten)
Rainald Goetz mit blutender Stirn beim Ingeborg-Bachmann-Literaturwettbewerb 1983Bild: ORF Kärnten

Seinen frühen literarischen Ruhm verdankt Goetz einem skurrilen Auftritt: Beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis 1983 ritzte er sich mit einer Rasierklinge die Stirn auf. Den Preis bekam Goetz nicht. Kurz danach erschein sein erster Roman "Irre": In dem Buch erzählt er das ernüchternde Leben eines Assistenzarztes in der deutschen Psychiatrie. Mit Anfang 30 gab Goetz den Arztberuf auf. In den folgenden Jahren schrieb er über Rave und Techno und entwickelte als einer der ersten 1998 im Internet ein Blog zur Medien- und Konsumwelt, das als "Abfall für alle" in Buchform erschien.

Neben seinen Erzählungen und Romanen ist Goetz bereits in den 1980er Jahren mit Theaterstücken bekanntgeworden. Die erste Trilogie "Krieg" beschäftigte sich mit 200 Jahren Revolutionsgeschichte. Eine zweite Trilogie nahm sich Anfang der 90er Jahre des Verhältnisses der Deutschen zu ihrer Geschichte an. Als Autor trat Goetz wieder 2012 mit seinem Gesellschaftsroman "Johann Holtrop" hervor, der Aufstieg und Fall eines zynischen Medienmanagers zum Thema hat. Für sein Werk wurde der in Berlin lebende Goetz vielfach ausgezeichnet.

Ebenfalls geehrt: Peter Eisenberg und Gabriele Goettle

Außerdem wurden am Samstag in Darmstadt der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg (75) mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und die Journalistin und Schriftstellerin Gabriele Goettle (69) mit dem Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay ausgezeichnet. Beide Preise sind mit je 20.000 Euro dotiert.

ld/fab (epd, dpa)