Rösler greift Union frontal an
22. Oktober 2012Trotz dringender Appelle der Union für mehr Geschlossenheit in der Koalition fuhr Wirtschaftminister Philipp Rösler kurz vor dem für Anfang November geplanten Koalitionsgipfel schweres Geschütz auf. Das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen, die von Arbeitsministerium Ursula von der Leyen geplante Zuschussrente oder die von Familienministerin Kristina Schröder angeregte Großelternzeit seien schlicht zu teuer, sagte Rösler in einem Zeitungsinterview. Dagegen bekräftigte er seine Forderungen nach Abschaffung der Praxisgebühr und der Senkung der Stromsteuer.
Zur Begründung verwies Rösler auf die angespannte Haushaltslage und das geringe Wirtschaftswachstum angesichts der weltweiten Entwicklung. "Gerade deshalb kommt es darauf an, alles für die Stärkung unserer Wirtschaft und für die Arbeitsplätze zu tun. Das heißt: solide Haushalte." Jetzt sei die Zeit für die entscheidende Wende gekommen, weg von neuen Schulden, weg von nicht finanzierbaren Wohltaten, so der Liberale weiter.
Kauder will Erfolge
Der Fraktionschef von CDU und CSU, Volker Kauder, rief Rösler umgehend zur Ordnung. So gehe es nicht voran, sagte der CDU-Politiker im Deutschen Fernsehen. "Die FDP muss auch wissen, dass wir in der Koalition zu Erfolgen kommen müssen." Auch mache es keinen Sinn, vor einem Koalitionsgipfel Bedingungen zu stellen. Bereits auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg am Wochenende hatte Kauder die Liberalen zu mehr Disziplin gemahnt. Wenn die drei Parteien auch in den nächsten Jahren weiter regieren wollten, müssten die Reibereien und internen Diskussionen aufhören.
Trotz der heftigen Angriffe Röslers auf den Koalitionspartner hält FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle Schwarz-Gelb für handlungsfähig. "Wir sind vertragstreu bei den Dingen, die im Koalitionsvertrag stehen", sagte Brüderle den "Ruhr Nachrichten". Es komme aber immer auf die Ausgestaltung an. Die Details müssten genau diskutiert werden.
Die Parteichefs wollen es richten
Die Parteichefs der Regierungsparteien telefonierten denn auch nach Informationen der "Bild"-Zeitung am Wochenende, um ein entsprechendes Paket vorzubereiten, dass dann im Koalitionsausschuss beraten werden soll. Dieser findet voraussichtlich am 4. November statt.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring bezeichnete die bevorstehende Woche, in der die Paketlösung weiter beraten werden soll, unlängst als "die entscheidenden Tage für die Koalition".
gmf/haz (dapd, dpa)