Jamal Khashoggi bleibt verschwunden
4. Oktober 2018Jamal Khashoggi (Artikelbild), einer der bekanntesten Journalisten Saudi-Arabiens, hatte das saudi-arabische Konsulat in Istanbul besucht. Nach Angaben von Freunden wollte er dort Papiere abholen; seine Verlobte Hatice C. hatte vor dem Haus gewartet. Als der 59-Jährige nicht wieder auftauchte, hatte sie gestern Medien und Behörden alarmiert.
Seine Verlobte glaubt, dass Khashoggi vom Konsulat aus ins Ausland entführt wurde. Sie sagte gegenüber einer türkischen Zeitung, Khashoggi habe vor dem Betreten des Konsulates Angst gehabt, dass ihm dort etwas passieren könne. Aus diesem Grund habe er ihr vor Betreten des Hauses seine Telefone gegeben. Im Falle seines Verschwindens habe sie einen Berater des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan anrufen sollen. Es gebe zudem Videoaufnahmen, wie ihr Verlobter das Konsulat betrete, aber nicht, wie er es verlasse. Saudi-Arabien hat den Verdacht, man könne den Regimekritiker entführt haben, zurückgewiesen. Inzwischen hat sich die Türkei in den Fall eingeschaltet: Das türkische Außenministerium hat den saudi-arabischen Botschafter einbestellt.
Unterstützer warten vor dem Konsulat
Nach Angaben eines Freundes des Verschwundenen gab es in der Nacht kein Lebenszeichen Khashoggis. Am Morgen seien viele Journalisten und Unterstützer vor das Konsulat gekommen. Der Sender Al-Dschasira berichtete in der Nacht, auch die türkische Polizei habe begonnen, nach ihm zu suchen.
Durch seine unbequemen Artikel und Kolumnen zog der Journalist in den vergangen Jahrzehnten immer wieder den Unmut der saudischen Regierung auf sich. Im vergangenen Jahr wuchs der politische Druck auf ihn und sein Umfeld so sehr, dass er das ultrakonservative Königreich verließ und in die USA floh. Die Verfolgung politisch Andersdenkender hat in Saudi-Arabien in den
vergangenen Jahren deutlich zugenommen.
Der mächtige Kronprinz Mohammed bin Salman führt zwar wirtschaftliche und auch gesellschaftliche Reformen durch, regiert das Land nach innen aber mit harter Hand. Widerspruch duldet er nicht und er ließ in der Vergangenheit unter anderem Kleriker, Geschäftsleute und Frauenrechtler einsperren.
Regimekritiker lebte zuletzt im Exil
Jamal Khashoggi hatte der Deutschen Presse-Agentur zuletzt im Juni gesagt, dass er Angst vor einer Verhaftung durch die saudische Staatsmacht habe: Er sei ein Unterstützer der Reformen und jetzt im Exil, weil er nicht im Gefängnis landen wolle. Das harte Durchgreifen gegen Dissidenten bezeichnete er als absolut nicht gerechtfertigt. Kronprinz Mohammed bin Salman habe keinen Grund, besorgt zu sein. Es gebe keine Opposition im Land.
Der Journalist schreibt auch für die "Washington Post", die sich "sehr besorgt" zeigte. "Es wäre unfair und empörend, wenn er wegen seiner Arbeit als Journalist und Kommentator festgehalten würde.", so ein Sprecher der Zeitung.
bru/sam (afp,dpa)