Putin wechselt Generalstabschef
9. November 2012Drei Tage nach dem Verteidigungsminister hat der russische Präsident Wladimir Putin auch Generalstabschef Nikolai Makarow entlassen. Der 63-Jährige wird durch General Waleri Gerassimow ersetzt. Der Personalwechsel sei auf Wunsch des neuen Verteidigungsministers Sergej Schoigu erfolgt, teilte Putin am Freitag mit.
Gerassimow war bislang Kommandeur im Zentraldistrikt der Streitkräfte. Der General hatte im Tschetschenien-Krieg zu Beginn der 2000er Jahre die russischen Truppen im Norden der unruhigen Teilrepublik im Nordkaukasus befehligt. Der 57-Jährige wurde nun von Putin auch zum ersten Vize-Verteidigungsminister ernannt.
Putin greift zur "Allzweckwaffe"
Am Dienstag hatte Putin Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow angesichts gravierender Korruptionsvorwürfen des Amtes enthoben. Zum Nachfolger wurde der bisherige Gouverneur der Region Moskau, Sergej Schoigu, berufen. "Sie sind ein Militärmensch", sagte Putin bei einem Treffen mit Schoigu. Medien hatten den früheren Zivilschutzminister, der im Rang eines Armeegenerals steht, wiederholt als "Putins Allzweckwaffe" bezeichnet.
Mit der "persönlichen Entscheidung Putins" werde der Weg freigemacht für eine Untersuchung von Betrugsvorwürfen gegen ein Tochterunternehmen des Verteidigungsministeriums, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Die Firma Oboronservice soll unter anderem mit Immobiliengeschäften umgerechnet fast 80 Millionen Euro zur Seite geschafft haben. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, schloss eine Vorladung Serdjukows wegen der schwerwiegenden Vorwürfe nicht aus. Der einstige Möbelhändler galt trotz Korruptionsvorwürfen bislang als Vertrauter Putins.
Auch Reformkurs auf dem Prüfstand?
Mit Schoigu übernimmt nun ein erfahrener Krisenmanager das Ministerium. Fast zwei Jahrzehnte hatte der 57-Jährige das Amt des Zivilschutzministers bekleidet und war erst vor knapp sechs Monaten zum Gouverneur ernannt worden. Experten rätselten zunächst, ob mit Schoigu auch die Reformpolitik bei den Streitkräften überdacht werden soll. Der neue Minister "könnte sich in der schwierigen Situation wiederfinden, auf Druck hin zu überprüfen, was bisher gemacht wurde", sagte der Militäranalyst Alexander Golz im Radio Moskau. Das russische Militär war in den vergangenen Jahren immer wieder in Korruptionsfälle verwickelt.
Der Wechsel an der Ministeriumsspitze stärkt nach Ansicht von Experten die Hardliner im Kreml. Der geschasste Verteidigungsminister war bei den Streitkräften unbeliebt, weil er weitreichende Reformen auf den Weg brachte und rund 200.000 Offiziere entließ. Einflussreiche Armee-Offiziere hatten Serdjukow vorgeworfen, als Zivilist keine Ahnung vom Militär einer Atommacht zu haben. Zudem galt das Verhältnis zwischen Ministerium und Rüstungslobby als zerrüttet.
Erzürnt sind Kritiker besonders, dass das auf seine Waffen so stolze Russland unter Serdjukow erstmals seit 1940 wieder Militärtechnik im Ausland erwarb. So kaufte Moskau beim Nato-Mitglied Frankreich Hubschrauberträger ein, aus Deutschland kam Metall für Panzer. Bürgerrechtler bedauerten dagegen die Entlassung und forderten Schoigu auf, den Modernisierungskurs fortzusetzen. Die Streitmacht des Riesenreichs befindet sich inmitten einer radikalen Reform.
kle/hp (rtr, afp, dpa, dapd)