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Putin umwirbt Bulgarien

Yassen Boyadjiev / Alexander Andreev 21. August 2015

Nachdem der russische Präsident im Dezember das EU- und NATO-Mitglied Bulgarien wegen der Unterstützung der Russland-Sanktionen scharf angegriffen hat, schlägt er jetzt versöhnliche Töne an. Was verbirgt sich dahinter?

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Prorussische Kundgebung in Sofia (Foto: BGNES)
Prorussische Kundgebung in SofiaBild: BGNES

Die Aussage des bulgarischen Premiers Boyko Borissov von Anfang Juli klang wie eine Rechtfertigung: "Es ist nachvollziehbar, dass Präsident Putin so scharf über Bulgarien geurteilt hat. Aber wir sind schuldig geworden, ohne schuldig zu sein, denn es ist nicht unser Wunsch, und noch weniger unser Ziel, die Beziehungen zu Russland einzufrieren.“ Gemeint waren die Wirtschaftssanktionen gegen den Kreml, die Bulgarien als EU-Mitglied mitträgt. Borissov bezieht sich auf Worte Putins in Ankara Anfang Dezember letzten Jahres, als er unerwartet das Ende des für Bulgarien sehr wichtigen Gaspipeline-Projekts "South Stream" angekündigt hatte. Damals hatte der russische Präsident die ganze Schuld für das Scheitern des Projekts Bulgarien angelastet, weil das Land nicht in der Lage gewesen sei, "als unabhängiger Staat zu agieren".

Nun hat sich der Ton zwischen Moskau und Sofia verändert. Anfang der Woche sagte Putin auf der Krim: "Die Mitgliedschaft Bulgariens in der Nato ist eine vollendete Tatsache. Wir werden die Wahl des bulgarischen Volkes respektieren und weiterhin mit Bulgarien zusammenarbeiten, unabhängig von allen schwierigen Fragen in Zusammenhang mit unterschiedlichen Projekten, inklusive South Stream." Außerdem, so Putin weiter, seien sich Russland und Bulgarien in der Geschichte schon immer sehr nah gewesen. In Bulgarien werden diese Worte als "ein klares Zeichen der Versöhnung" und "komplett neue Töne in den bilateralen Beziehungen" gesehen.

Putin auf der Krim (Foto: REUTERS/Maxim Shipenkov/Pool)
Versöhnliche Töne - Putin auf der KrimBild: Reuters/M. Shipenkov

Pipelines als politisches Instrument

In seiner eher beiläufigen Bemerkung zu Bulgarien während einer offiziellen Veranstaltung auf der annektieren Krim versicherte Putin, Russland werde die Beziehungen zu Bulgarien "auf allen Schienen" entwickeln. Gemeint hat er wohl nur zwei Schienen. Und beide hängen mit den Spannungen zwischen Russland und dem Westen zusammen - und mit der geostrategischen Lage des Nato- und EU-Mitglieds Bulgarien.

Die eine Schiene sind die russischen Pipeline-Projekte, die, neben ihrem wirtschaftlichen Aspekt, auch ein wichtiges Instrument der russischen Außenpolitik sind. Der in Ankara mit Pauken und Trompeten angekündigte "Turkish Stream" scheint mittlerweile so gut wie tot zu sein. Und Russland behauptet nicht mehr so kategorisch, ab 2019 werde kein russisches Gas über die Ukraine nach Europa fließen. Zugleich meinen einige Beobachter, "South Stream" habe wieder gute Chancen. Da aus Moskau noch keine offizielle Kündigung der Zusammenarbeit in Sachen "South Stream" angekündigt worden ist, gehen die Bulgaren davon aus, dass das Projekt doch noch zu retten sei. Die Spekulationen über eine Wiederbelebung gehen offensichtlich auf Quellen in Moskau zurück. Denn Russland braucht die Pipelines als Instrument zur Ausübung von politischem Druck. Und Bulgarien könnte in diesen Plänen eine Rolle spielen.

Bulgarien zwischen Ost und West

Die zweite Schiene hängt mit dem Versuch des Kremls zusammen, die Einigkeit innerhalb der Nato und der EU zu beeinflussen und beide Organisationen zu spalten - sowohl in Sachen Sanktionen gegen Russland, als auch in der Sicherheitspolitik. Auch hier ist Bulgarien ein gutes Terrain für "verdeckte Maßnahmen". Moskau hat in Sofia weiterhin gewichtige Unterstützer, vor allem in den Reihen der größten Oppositionspartei im Parlament. Die bulgarischen Sozialisten reagierten äußerst erfreut auf den zitierten Aussagen von Putin. Ein Sprecher der Partei sagte: "Es wird immer deutlicher, dass uns andauernd ein falsches Russland-Bild vor die Nase gehalten wird. Die tatsächlichen Prioritäten Russlands sind weit entfernt von dem Bild eines aggressiven und unnachgiebigen Staates." Der Sprecher wiederholte die Position der Sozialisten gegen die Russland-Sanktionen und fügte hinzu: "Wegen seiner geopolitischen Lage, aber auch wegen der tiefen geistigen und kulturellen Verbundenheit mit Russland, ist Bulgarien berufen, als Vermittler zu handeln und die Streitigkeiten zu entschärfen."

Röhre für die South Stream Pipeline Projekt (Foto: Petar Petrov/Impact Press)
Zurzeit liegt South-Stream-Projekt auf dem EisBild: picture alliance/ZUMAPRESS.com

Die Mehrheit der Bulgaren würde eine solche Rolle ihres Landes begrüßen. Allerdings wissen die meisten Politiker, dass es unrealistisch ist, dass ein kleines Land wie Bulgarien sich plötzlich zum großen Schlichter auf der internationalen Bühne entwickelt. Auch der bulgarische Ministerpräsident Boyko Borissov gibt das kleinlaut zu. In einem Interview für die russische Agentur TASS sind ihm Sätze herausgerutscht, aus denen zu entnehmen war, Bulgarien würde die Russland-Sanktionen gar nicht aus Überzeugung, sondern unter dem Druck von Außen unterstützen: "Ich bete zu Gott, dass die großen Chefs (gemeint sind die politischen Führungen in Brüssel und in Washington - Anm. des Autors) sich schneller einigen und die Sanktionen aufheben", so Borissov. Bis dahin, auch nach den letzten Aussagen von Wladimir Putin, bleibt Bulgarien gespalten, was die Politik gegenüber Russland anbetrifft.