Präsidentschaftswahlen auf Zypern
25. Januar 2018Rund 550.000 griechische Zyprioten wählen an diesem Sonntag einen neuen Präsidenten und die spannende Frage lautet, wer wird Zweiter? In allen Umfragen erreicht der konservative Amtsinhaber Nikos Anastasiadis deutlich über 30 Prozent der Stimmen. Damit ist er für den zweiten Wahlgang am 4. Februar gesetzt. Sein Gegner wird entweder der Kandidat der linken AKEL-Partei, Stavros Malas oder der Chef der Zentrumspartei DIKO, Nikolas Papadopoulos sein. Die Demoskopen sehen sie jeweils bei etwas über 20 Prozent. Doch unabhängig davon, wer von ihnen die nächste Wahlrunde erreicht - Anastasiadis wird kaum zu schlagen sein.
Wirtschaft ebenso wichtig wie die Zypernfrage
Anders als in der Vergangenheit war in dem weitgehend ruhig verlaufenden Wahlkampf das alles beherrschende Thema nicht mehr die Wiedervereinigung der Insel. Mindestens ebenso wichtig waren Wirtschaftsfragen. In einer kürzlich veröffentlichten Umfrage geben lediglich 45 Prozent der Zyprer an, dass in ihrem Alltag die Zypernfrage für Gesprächsstoff sorgt. Rund 78 Prozent versichern allerdings, dass sie über Wirtschaft, Preissteigerungen, Wachstum und Arbeitslosigkeit diskutieren.
Das ist wenig überraschend. Um die Finanz- und Bankenkrise zu bewältigen, hat Anastasiadis gleich nach Amtsantritt im März 2013 beim Europäischen Sicherheitsmechanismus (ESM) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) einen Kredit beantragt. Da der Kapitalbedarf höher war als die zugesagten 10 Milliarden Euro, musste Zypern 13 Milliarden Euro selbst aufbringen. Das geschah durch Haushaltskürzungen, Senkung von Gehältern und Pensionen der Staatsbediensteten, Steuererhöhungen, Privatisierungen und die Beteiligung von Bankkunden zyprischer Geldinstitute.
Finanzkrise gemeistert
Dieser "Haircut" ist der wohl wichtigste Grund dafür gewesen, dass Zypern schon 2016, also zwei Jahre früher als geplant, das Kreditprogramm beenden konnte. Die Maßnahme brachte über neun Milliarden Euro ein, die für die Rekapitalisierung der Banken verwendet wurde. Neben der Haushaltskonsolidierung und der Bankensanierung gelang es mittels Steueranreizen die Konjunktur anzukurbeln. Nicht zu vergessen die Einnahmen aus dem Verkauf der "goldenen Visa". Reiche Ausländer können die Staatsbürgerschaft erwerben, wenn sie in Unternehmen, Immobilien oder in Staatsanleihen investieren. Der britische Guardian hat das Investitionsvolumen auf vier Milliarden Euro beziffert - und bisher ist diese Behauptung unwidersprochen geblieben.
Die Bilanz all der Maßnahmen spricht für sich: Schon 2015 vermeldete Zypern wieder Wachstum. Für dieses Jahr wird eine Steigerung der Wirtschaftsleistung von über drei Prozent erwartet. Der Tourismus boomt wie nie. Die Staatsschulden wurden um fast zehn Prozent auf 105,5 Prozent im letzten Jahr reduziert. Die allgemeine Arbeitslosigkeit ist von fast 17 Prozent auf dem Höhepunkt der Krise auf unter elf Prozent gefallen und die Jugendarbeitslosigkeit von 38 Prozent auf unter 24 Prozent. Es wird erwartet, dass bei ihrer nächsten Bewertung die internationalen Ratingagenturen die Bonität Zyperns hochstufen werden. Termin der Bekanntgabe ist der 2. Februar, zwei Tage vor der zweiten Runde der Präsidentenwahl.
Manko Zypernfrage
Ganz anders sieht die Bilanz von Nikos Anastasiadis in der Zypernfrage aus. Nach mühevollen Gesprächen scheiterte letzten Juli wieder einmal der Versuch eine Kompromisslösung zu finden. Griechische und türkische Zyprer waren sich in vielen Punkten einig oder hatten sich stark angenähert - aber eben nicht in der wohl wichtigsten Frage, nämlich welche Rolle die neben Griechenland und Großbritannien dritte Garantiemacht Türkei nach der Wiedervereinigung einnehmen soll. Die griechischen Zyprer verlangen, dass Ankara seine Militärtruppen von der Insel abzieht und auch nicht mehr das Recht haben soll, in Zypern zu intervenieren. Die türkischen Zyprioten wollen beides beibehalten.
Bei einem Wahlsieg versprechen sowohl der konservative Anastasiadis wie Links-Kandidat Malas, die Zyperngespräche wieder aufzunehmen. Sie sollen von dort aus weitergeführt werden, wo sie im Sommer abgebrochen wurden. Etwas ganz anderes sieht das Programm des Zentrumspolitikers Nikos Papadopoulos vor. In seinem Positionspapier "Neue Strategie" in der Zypernfrage prangert der Sohn des ehemaligen Präsidenten Tassos Papadopoulos die Dialogbereitschaft von Anastasiadis und Malas an. Zentrales Anliegen der Zyperngriechen müsse es sein, "die Türkei zu zwingen, die notwendigen Kompromisse zu machen, um eine richtige, funktionale und nachhaltige Lösung zu erreichen." Dazu bedarf es einer Strategie, die der Türkei "politische, diplomatische und ökonomische Kosten" verursacht.
Chancen auf Wiederaufnahme von Gesprächen
Eine solche auf Konfrontation ausgerichtete Politik würde die zunehmende Entfremdung auf beiden Seiten der Insel verstärken. Ohnehin haben nach fast 44 Jahren der Teilung jüngere Generationen in Nord- und Südzypern kaum eine Vorstellung davon, wie es ist, zusammenzuleben. Das drückt sich auch in den Umfragen aus. Nur die über 40-jährigen griechischen Zyprioten wollen mehrheitlich die Wiedervereinigung. Die Mehrheit der Jüngeren halten sie für einen Fehler. Nur der jetzige Status Quo würde "Sicherheit" garantieren.
Die Aussichten auf eine Neubelebung der Zyperngespräche wären bei einem Sieg von Anastasiadis gar nicht mal so schlecht. Nicht nur weil der Präsident der international nur von der Türkei anerkannten "Türkischen Republik Nordzypern", Mustafa Akinci, ein erklärter Befürworter der Wiedervereinigung ist. Nach den Parlamentswahlen Anfang Januar zeichnet sich mittlerweile eine Vier-Parteien-Koalition unter Führung der sozialdemokratischen Türkisch-Republikanischen Partei (CTP) ab. Während die bisherige Regierungspartei, die konservative Nationale Einheitspartei (UBP), für eine stärkere Anlehnung an die Türkei plädiert, setzt sich die CTP seit je her für ein vereinigtes Zypern ein. Würde es zu einer solchen Koalitionsregierung kommen, so wäre es das erste Mal in Nordzypern, dass sowohl Präsident wie Ministerpräsident die Wiedervereinigung anstreben.