1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Capitano vor Gericht

17. Juli 2013

Bis zu dem Unglück präsentierte sich Francesco Schettino gerne in weißer Kapitänsuniform. Nun sitzt der 52-Jährige auf der Anklagebank - beim Prozess um die Havarie der "Costa Concordia", der nun tatsächlich beginnt.

https://p.dw.com/p/199Lm
Das Wrack der 'Costa Concordia' (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP

Der eigentliche Prozessauftakt vor einer Woche dauerte nur eine Viertelstunde, jetzt soll das Verfahren um die Katastrophe des Kreuzfahrtschiffes Fahrt aufnehmen. Das Gericht im toskanischen Grosseto hatte die Verhandlung wegen eines Streiks der italienischen Anwälte auf diesen Mittwoch (17.07.2013) verschieben müssen.

32 Menschen starben

Unglückskapitän Francesco Schettino ist der einzige Angeklagte. Ihm wird unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung und Körperverletzung vorgeworfen. Die "Costa Concordia" der italienischen Gesellschaft Costa Crociere war im Januar 2012 vor der toskanischen Insel Giglio verunglückt. 32 Menschen starben, darunter zwölf Deutsche.

Viele Fragen sind vor dem Prozess noch offen: Warum rammte die "Costa Concordia" den Felsen vor Giglio? War der Kapitän Schuld an der Havarie? Oder führte eine Fehlerkette zu der Katastrophe? Hätten mehr Menschenleben gerettet werden können?

Costa-Kapitän Schettino vor Gericht

Viele Ausreden, wenig Erklärungen

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft war Schettino mitschuldig daran, dass die "Costa Concordia" mit rund 4200 Menschen an Bord am 13. Januar 2012 zu nah an die Toskana-Insel Giglio heransteuerte. Das Schiff fuhr auf einen Felsen, wurde aufgeschlitzt und kenterte.

Suspendiert, entlassen

Die Ermittlungen rund um die Havarie brachten zahlreiche Vorwürfe gegen den Kapitän zutage. Er soll das Unglück heruntergespielt, bei der anschließenden Rettungsaktion Fehler gemacht und das Schiff vor Ende der Evakuierung verlassen haben. Nach der Havarie wurde Schettino festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Für sein Verhalten und das Unglück fand der Italiener danach immer wieder Ausreden: Die Reederei habe das riskante Manöver verlangt, die Havarie sei ein banaler Unfall gewesen, er sei in ein Rettungsboot gerutscht - und habe zuvor sogar noch Schlimmeres verhindert. Dennoch wurde er von seiner Reederei zunächst suspendiert und später entlassen - das Unternehmen distanzierte sich von seinem früheren Kapitän. Auch zu seiner Entlassung läuft noch ein Verfahren vor Gericht.

In den Voranhörungen mussten sich fünf weitere Beschuldigte verantworten - darunter auch der Steuermann, dem Schettino vorgeworfen hatte, seine Anweisungen nicht verstanden zu haben. Alle fünf einigten sich allerdings mit der Anklage auf Verhandlungen über das Strafmaß, die eine Verurteilung ohne Prozess ermöglichen. Das Gericht will am 20. Juli über die Absprachen entscheiden.

Francesco Schettino beim Prozessauftakt (Foto: AFP/Getty Images)
Francesco Schettino, einst Kapitän: Verrantwortlich für den Tod von 32 Menschen?Bild: TIZIANA FABI/AFP/Getty Images

Das Verfahren gegen Schettino dagegen könnte zu einem Mammutprozess werden und sich über mehrere Monate oder sogar Jahre hinziehen. Wegen des großen öffentlichen Interesses findet der Prozess in einem umfunktionierten Theatersaal statt. Hunderte Medienvertreter aus aller Welt werden in Grosseto erwartet, dazu kommen Überlebende des Unglücks und Angehörige der 32 Opfer. Vertreter der Reederei Costa Crociere und der Gemeinde Giglio, die als Nebenkläger auftreten, haben sich ebenfalls angekündigt.

Das Wrack der "Costa Concordia" liegt immer noch vor der Küste von Giglio. Die Bergung wird nach Schätzung der Reederei 500 Millionen Euro kosten und damit mehr als doppelt so teuer wie zu Beginn veranschlagt. Das Kreuzfahrtschiff soll im September vor der italienischen Insel aufgerichtet und später weggeschleppt werden. Die hohen Kosten werden von einem Versicherungskonsortium getragen. Rund 500 Spezialisten arbeiten an dem Unterfangen.

ml/wa (dpa, afp)