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Prozess gegen gambischen Ex-Soldaten in Celle

25. April 2022

Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Mordes und versuchten Mordes muss sich ab sofort ein Ex-Soldat aus Gambia vor dem Oberlandesgericht Celle verantworten. Zu Prozessbeginn schwieg der Angeklagte zu den Vorwürfen.

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Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Polizisten schützen das Oberlandesgericht Celle wegen des Prozesses Bild: picture alliance/dpa

In dem Staatsschutzverfahren wirft die Bundesanwaltschaft dem heute 46-Jährigen aus dem westafrikanischen Land in drei Fällen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Tateinheit mit Mord vor, wobei in einem Fall das Opfer überlebte. Sollte Bai L. für schuldig befunden werden, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

Der Mann wurde im März 2021 in Hannover festgenommen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war er Mitglied eines sogenannten "Patrol Teams" der gambischen Streitkräfte, die im Auftrag von Diktator Yahya Jammeh außergerichtliche Tötungen vorgenommen haben sollen. Ziel der Einsätze dieser Todesschwadron war demnach, die gambische Bevölkerung einzuschüchtern und die Opposition zu unterdrücken.

Jammeh regierte das westafrikanische Land nach einem Putsch 1994 rund 22 Jahre mit einem brutalen Regime. In dieser Zeit kam es in Gambia zu schwersten Menschenrechtsverletzungen. Jammeh verlor 2016 überraschend die Präsidentenwahl, zog sich unter massivem internationalem Druck zurück und floh ins Exil nach Äquatorialguinea. Die Verbrechen seiner Regierungszeit blieben bisher weitgehend straflos.

Chauffeur eine Sondereinheit

Nach Angaben der Ermittler war der Anklagte zwischen 2003 und 2006 Fahrer eines "Patrol Teams". Laut Anklage fuhr er Mitglieder seiner Einheit in drei Fällen zu solchen Tötungseinsätzen. 2003 überlebte ein Rechtsanwalt schwer verletzt ein Attentat der Einheit des Angeklagten. Ein Jahr später sei der Beschuldigte an der Tötung eines regierungskritischen Journalisten beteiligt gewesen und 2006 an der Erschießung eines mutmaßlichen Gegners Jammehs.

Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Baba Hydara, Sohn des getöteten gambischen Journalisten Deyda Hydara, steht mit einem Foto seines Vaters vor dem Oberlandesgericht CelleBild: picture alliance/dpa

Später fiel der Beschuldigte in Ungnade und wurde in Gambia inhaftiert. Aus Angst vor weiterer Verfolgung sei er nach Deutschland geflohen, sagte ein Gerichtssprecher. Da er in Deutschland lebt und es mit Gambia kein Auslieferungsabkommen gibt, kann er in Deutschland belangt werden.

Der Angeklagte äußerte sich zum Prozessauftakt in der niedersächsischen Stadt nicht selbst, sein Verteidiger stellte aber eine mögliche Aussage zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht. Die Anklage stützt sich insbesondere auf frühere Interviews, die der Beschuldigte gambischen Medien gab.

Signalwirkung erhofft

Als Nebenkläger nimmt an dem Prozess auch Baba Hydara teil, der Sohn des ermordeten Journalisten Deyda Hydara. Er erhoffe sich von dem Verfahren eine Signalwirkung, sagte Hydara. Deutschland übernehme mit dem Verfahren Verantwortung für sein Heimatland Gambia, das dies derzeit nicht tue. Der Prozess sende die Botschaft aus, dass Straflosigkeit nicht weiterbestehen könne.

Nach Gerichtsangaben handelt es sich um den weltweit ersten Prozess gegen mutmaßliche frühere Mitglieder von ehemaligen Sondereinheiten gambischer Streitkräfte, der im Ausland verhandelt wird. Grundlage ist das sogenannte Weltrechtsprinzip. Bestimmte Taten, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit, werden in Deutschland auf dessen Basis auch dann verfolgt, wenn weder Deutsche beteiligt waren noch sonstige Verbindungen zur Bundesrepublik bestanden.

kle/ww (epd, afp, dpa)