Protestzug durch Hongkong
Am Jahrestag der Rückgabe an China zogen in Hongkong hunderttausende Menschen durch die Straßen. Die Bürger fordern, künftig ihren Verwaltungschef direkt und ohne Vorauswahl aus Peking wählen zu dürfen.
Mehr als 500 Festnahmen
Bei den pro-demokratischen Protesten in Hongkong sind am Mittwoch in den frühen Morgenstunden 511 Teilnehmer festgenommen worden. Die Aktivisten saßen vor dem Amtssitz von Regierungschef Leung Chun-ying und riefen nach mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Ihnen werde illegale Versammlung und Behinderung der Polizei vorgeworfen, hieß es in einer Mitteilung.
Nächtliche Räumung
Die Aktion begann nach Angaben der Polizei gegen 3.00 Uhr morgens (Ortszeit). Sicherheitskräfte trugen die Demonstranten weg. Den Festgenommenen werde illegale Versammlung und Behinderung der Polizei vorgeworfen, hieß es in einer Mitteilung. Unter ihnen waren auch drei oppositionelle Hongkonger Abgeordnete.
Menschenmassen auf den Straßen
Das durchwachsene Wetter konnte sie nicht abhalten: Zigtausende Menschen hatten sich am Dienstag in Hongkong versammelt, um für mehr Demokratie zu demonstrieren. Seit der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997 kommt es jedes Jahr am 1. Juli zu Massenveranstaltungen. In Demonstrationen in diesem Jahr waren die größten seit einem Jahrzehnt.
Neuer Teilnehmerekord?
Nach Schätzungen der Organisatoren haben 510 000 Menschen teilgenommen. Dagegen berichtete die Polizei, 92 000 hätten sich am Ausgangspunkt im Victoria Park dem Protestmarsch angeschlossen. Grund für eine hohe Beteiligung: Im Vorfeld des Jahrestages sorgten eine Volksabstimmung sowie ein amtliches chinesisches Dokument für Zündstoff.
Deutliches Zeichen
Anfang Juni hatte Peking ein Weißbuch herausgegeben, in dem es um die Beziehungen zu der Sonderverwaltungszone geht. Darin fordert die chinesische Regierung unter anderem "Vaterlandsliebe" von Anwälten und Richtern in Hongkong. Diese sahen dadurch die Unabhängigkeit ihrer Justiz in Gefahr. Um ein Zeichen zu setzen, zogen knapp 2000 in schwarzer Kleidung in einem Schweigemarsch durch die Stadt.
Hohe Wahlbeteiligung
Ende Juni fand in Hongkong eine informelle Volksabstimmung statt. Online oder im Wahllokal konnten die Bürger von Hongkong zehn Tage lang ihre Stimme abgeben. Am Ende beteiligten sich fast 800.000 Menschen, etwa ein Viertel der Wahlberechtigten, an dem Referendum und riefen zu mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion auf.
Ein Land, zwei Systeme
Seit der Rückgabe an China vor 17 Jahren genießt Hongkong zwar eine weitreichende Autonomie – die demokratischen Freiheiten aber sind eingeschränkt. So herrschen zwar Presse- und Versammlungsfreiheit, demokratische Wahlen sind nur eingeschränkt erlaubt. So wird beispielsweise der Regierungschef von einem Wahlkomitee bestimmt, das sich an den Vorgaben der Zentralregierung orientiert.
Klare Forderungen
Die Unterstützer des Referendums wollen im Jahr 2017 selbst darüber bestimmen können, wer ihr künftiger Regierungschef wird. Die Pekinger Zentralregierung allerdings bezeichnete das Votum ihrerseits umgehend als "illegal" und "ungültig" und erteilte den Forderungen nach einer öffentlichen Nominierung der Kandidaten für eine Direktwahl des "Chief Executive" eine klare Absage.
Botschaft an Peking
Vom Victoria Park zieht der Protestzug weiter zum zentralen Geschäftsviertel der Millionen-Metropole. Die Sicherheitsvorkehrungen entlang der Strecke sind hoch. Demonstranten halten Transparente mit Aufschriften wie "Keine Angst vor der Bedrohung durch die KP Chinas" oder "Lasst uns die Autonomie Hongkongs bewahren".
"Come on Hong Kong. Fight for Democracy"
Die Protestmärsche in Hongkong sind natürlich auch Thema in den sozialen Netzwerken. "Auf geht’s, Hongkong. Kämpf für Demokratie", heißt es da beispielsweise. Und ein User ruft die Menschen in Hongkong auf: "Zeigt der Welt, dass ihr immer noch Demokratie wollt. Es könnte eure letzte Chance sein, bevor das Gesetz geändert wird."