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PolitikEuropa

Proteste und Hilfsaktionen für die Ukraine

Andreas Illmer
27. Februar 2022

Hunderttausende gehen in Europa auf die Straßen, um gegen den Krieg zu demonstrieren. Spenden- und Hilfsaktionen laufen auf Hochtouren.

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Junge Menschen in London mit Flaggen der Ukraine und Protestschildern gegen den Krieg
Demonstration in London gegen Russlands Invasion in die UkraineBild: TOLGA AKMEN/AFP/Getty Images

Während russische Truppen weiter Ziele in der Ukraine angreifen, wächst die Zahl der Demonstrationen und Solidaritätsbekundungen mit den Ukrainern in ganz Europa. Der brutale Überfall des Kremls auf seinen Nachbarn wird scharf verurteilt, die Menschen versuchen zu helfen - von Geldspenden bis hin zur Organisation von Reisemöglichkeiten und Unterkünften für Flüchtlinge.

Demonstrationen in ganz Europa

In ganz Europa gingen an diesem Wochenende Menschen auf die Straße, um ihre Unterstützung für die Ukraine und gegen die Militärinvasion Moskaus zu zeigen. In der deutschen Hauptstadt Berlin versammelten sich am Sonntag mehr als 100.000 Menschen, um für Frieden und gegen Russlands Krieg zu demonstrieren -  die Veranstalter sprachen sogar von einer halben Million Teilnehmenden. Am Samstag waren in Frankfurt etwa 7000 Menschen unter dem Motto "Solidarität mit der Ukraine – Frieden in Osteuropa" auf der Straße gegangen, etwa 5000 demonstrierten in München und in Düsseldorf waren es Schätzungen zufolge rund 4000 Menschen.

In Russlands baltischem Nachbarland Estland hatten sich am Samstag zehntausende Menschen in der Hauptstadt Tallin zu einer Demonstration und einem anschließenden Konzert zusammengefunden. Die Polizei sprach von bis zu 30.000 Menschen. Auch Estland Präsident Alan Karis war gekommen. Er nannten Russlands Angriff auf die Ukraine "unvorstellbar, absurd und schrecklich" und forderte die Bürger seines Landes auf, "die Seelen und Türen Estlands für ukrainische Flüchtlinge zu öffnen". Wie die übrigen baltischen Staaten gibt es auch in Estland eine große russische Minderheit, die Furcht vor territorialen Ansprüchen Moskaus ist groß.

Auch in mehreren Städten Tschechiens gab es diesen Sonntag friedliche Solidaritätskundgebungen für die Ukraine. Allein auf dem Wenzelsplatz in der Prager Innenstadt versammelten sich nach Einschätzung der Polizei rund 80.000 Menschen, um für ein Ende des Krieges zu demonstrieren.

Wut auf Schweizer Regierung

In der Schweiz verurteilten bei Demonstrationen mehrere tausend Menschen den Krieg des Kremls. Die Wut der Demonstranten richtete hier sich auch gegen die eigene Regierung in Bern, da sich diese den Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland nicht vollständig angeschlossen hat. Die Schweiz ist nicht Teil der EU und für wohlhabende Ausländer, einschließlich Russen, ein beliebtes Ziel, um ihr Geld sicher unterzubringen.

London, Paris und Rom sowie Brüssel, Wien, Madrid und Sofia gehörten zu den vielen anderen europäischen Städten, in denen Menschen an Demonstrationen gegen Russland und den Krieg teilnahmen. Mehr als 10.000 Menschen protestierten am Samstag auch in der finnischen Hauptstadt Helsinki, nur einen Tag nachdem Russland Finnland davor gewarnt hatte, der NATO beizutreten und mit "ernsthaften militärischen und politischen Konsequenzen" gedroht hatte.

Proteste in Russland

Es gab auch Proteste in Russland, obwohl diese von den Behörden verboten worden waren und Sicherheitskräfte hart gegen Demonstranten vorgehen. Schätzungen zufolge wurden in Russland seit Kriegsbeginn mehr als 3000 Menschen bei Protesten festgenommen.

Zwei maskierte Sicherheitskräfte tragen Teilnehmende einer Anti-Kriegs-Demonstration in Sankt Petersburg weg
Sicherheitskräfte reagieren hart auf Proteste in RusslandBild: ANTON VAGANOV/REUTERS

In einem offenen Brief an Präsident Wladimir Putin verurteilten mehr als 300 Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter den Angriff. "Krieg ist eine humanitäre Katastrophe, die zu Schmerz und Leid führt", heißt es darin, und weiter: "Wir halten gewaltsame Lösungen politischer Konflikte für unmenschlich und fordern Sie auf, das Feuer einzustellen und Verhandlungen aufzunehmen."

Hilfe für Flüchtlinge

Um auf die humanitäre Katastrophe in der Ukraine reagieren zu können, haben internationale Hilfsorganisationen zu Spenden aufgerufen. In Deutschland wie in anderen europäischen Ländern starteten verschiedene Städte Spendenkampagnen und veröffentlichten Informationen, auf welche Weise Bürger spenden können. Gesammelt werden derzeit neben Geld auch Lebensmittel, Kleidung und Medikamente. "Die große Solidarität, die wir von Spenderinnen und Spendern für die Hilfszentren unserer Caritas-Kollegen in der Ukraine erfahren, ist überwältigend", berichtet der Leiter der Organisation Caritas international, Oliver Müller. 

In der Ukraine und in den Grenzregionen zu den Nachbarländern, in die viele Flüchtlingen unterwegs sind, ist die Lage nach Angaben von Hilfsorganisationen sehr angespannt. Tausende Kinder seien in Gefahr und würden in den Westen der Ukraine gebracht, hieß es von der Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer. Man bereite sich darauf vor, Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. In mehreren deutschen Städten sind an diesem Wochenende bereits erste Flüchtlingsgruppen angekommen.

Neben Hilfsorganisationen engagieren sich auch viele private Initiativen. So organisieren Menschen über soziale Medien Sammlungen von Hilfsgütern für die Menschen in der Ukraine oder auch Unterkünfte für Flüchtlinge außerhalb des Landes.

Die Deutsche Bahn erklärte, jeder Flüchtling mit ukrainischem Pass könne auch ohne Ticket mit den Fernzügen nach Deutschland fahren.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind bereits mindestens 200.000 Menschen aus der Ukraine in die Nachbarländer geflohen. Die Zahl könnte jedoch noch auf bis zu vier Millionen steigen, hieß es.

Öffentlicher Druck

Der Moskauer Angriff wird auch von vielen Russen, die in der europäischen Öffentlichkeit stehen, scharf verurteilt. Schriftsteller, Regisseure und andere Künstler sprechen sich gegen den Krieg aus und fordern ihre Landsleute auf, gegen den Kreml zu protestieren.

Diejenigen, die sich nicht zu Wort gemeldet haben, geraten hingegen zunehmend unter Druck - so etwa der Dirigent der Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev, der als Freund Putins bekannt ist und 2014 Russlands Annexion der Krim unterstützte. Die Stadt München hat ihm jetzt ein Ultimatum gesetzt: Gergiev solle sich explizit gegen den aktuellen Krieg aussprechen, wenn er seinen Job behalten wolle.

Auch die Hamburger Elbphilharmonie, Orchester in den Niederlanden und den USA sagten entweder geplante Konzerte mit Gergiev ab, oder forderten ihn ebenfalls auf, sich öffentlich von Putin und Russlands Krieg gegen die Ukraine zu distanzieren.