Proteste gegen hohe Spritpreise in Frankreich
17. November 2018Sie hielten den Verkehr auf, riegelten Zugangswege ab oder fuhren in Motorradkolonnen bewusst langsam. Aus Protest gegen geplante Steuererhöhungen sind in Frankreich Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um den Verkehr zu blockieren. Sie versammelten sich an Autobahnen, wichtigen Durchfahrtsstraßen, Kreisverkehren und Mautstellen. Landesweit fanden 2000 Aktionen statt, wie Innenminister Christophe Castaner mitteilte.
Panik ausgelöst
Dabei gab es im Südosten, in der Region Auvergne-Rhône-Alpes, einen tödlichen Zwischenfall, als eine Autofahrerin angesichts einer Blockade in Panik geriet. Laut Behördenangaben hatten Protestteilnehmer auf das Auto der Frau getrommelt. Daraufhin geriet sie in Panik, trat aufs Gas und überfuhr eine Demonstrantin, die tödliche Verletzungen erlitt. Der Unfall ereignete sich in Pont-de-Beauvoisin, nördlich von Grenoble.
Weitere Zwischenfälle ereigneten sich, als Autofahrer versuchten, ihre Wagen durch Straßenblockaden zu steuern. Mindestens 106 Personen wurden verletzt, fünf von ihnen schwer, wie das Innenministerium bilanzierte. Insgesamt hätten im Land rund 244.000 Menschen an den Protesten teilgenommen, mehr als 220 Menschen wurden demnach festgenommen.
Ein Liter Super: zwei Euro - und bald mehr?
Die Protestbewegung unter dem Schlagwort "Gilets Jaunes" (Gelbe Warnwesten) richtet sich gegen das Vorhaben der Regierung unter Staatspräsident Emmanuel Macron, die Steuern für Autofahrer 2019 weiter zu erhöhen. Geplant ist unter anderem, die Abgaben auf Diesel und Benzin anzuheben. Derzeit kostet ein Liter Superbenzin in Frankreich rund zwei Euro. Die Proteste dagegen hatten sich vor allem über die sozialen Netzwerke organisiert.
Champs Élysées demonstrativ überquert
In Paris marschierten mehrere Dutzend Demonstranten mit gelben Westen über den Prachtboulevard Champs Élysées und riefen "Macron - démission!" (Macron - Rücktritt). Mehrfach überquerten sie die Champs Élysées in Anspielung auf einen Ausspruch Macrons, der einem Arbeitslosen gesagt hatte, es genüge, die Straße zu überqueren, um Arbeit zu finden.
Der Protest gegen die Erhöhung der Kraftstoffpreise hatte sich zuletzt ausgeweitet zu Unmut über den Kaufkraftverlust und die Steuerpolitik im Allgemeinen. Um dem die Spitze zu nehmen, hatte Premierminister Edouard Philippe am Mittwoch eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, um Haushalte mit geringem Einkommen zu entlasten.
Die Demonstranten der "Gelben Warnwesten" können sich auf die Rückendeckung einer breiten Mehrheit berufen: Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Odoxa unter 1000 Franzosen unterstützen drei Viertel der Befragten die Protestbewegung. 15 Prozent kündigten an, sich selbst beteiligen zu wollen.
Die Regierung hatte für den Fall von Verkehrsbehinderungen ein hartes Vorgehen der Polizei angekündigt. Regierungschef Edouard Philippe warnte, es sei "nicht hinnehmbar", dass die Kundgebungen "ein ganzes Land blockieren".
jj/uh/se (dpa, afp)