Staaten riegeln Märkte ab
13. November 2012Salami gehört zu den Wurstwaren, die keineswegs als gesunde Lebensmittel zu betrachten sind. Zu viel Fett, zu viel Salz, das ist unter Ernährungswissenschaftlern unbestritten. Trotzdem ist die ungarische Salami in Ungarn von einer Steuer auf vermeintlich ungesunde Lebensmittel ausgenommen. Für Anton Börner, den Präsidenten des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) ist das nur ein Beispiel für einen Protektionismus, der selbst in Europa wieder um sich greift.
Die Finanz- und anschließende Schuldenkrise hätten dazu geführt, dass der Fall einiger aufstrebender europäischer Länder überaus hart und schmerzhaft gewesen sei. "Nun beobachten wir, wie eine Renationalisierung einsetzt, die sich zum einen im vermeintlichen Schutz der eigenen Wirtschaft äußert und zum anderen in einer Diskriminierung ausländischer Produkte."
EU schützt Keramik
Wo früher Schutzzölle erhoben wurden, sind es nun Sondersteuern, administrative Auflagen oder Eingriffe in die Vertragsfreiheit. Da wird sogar in Kauf genommen, dass nationale Gesetze gegen EU-Recht verstoßen. Wenn das ohne Konsequenzen bleibe, dann sei der EU-Binnenmarkt in Gefahr, warnt Börner. Die Zunahme von protektionistischen Maßnahmen sei indes kein regionales, sprich europäisches Phänomen, sondern weltweit festzustellen. Als Beispiele nennt der BGA Import- und Devisenbeschränkungen in Argentinien genauso wie Handelsschutzinstrumente der EU gegen Keramikgeschirr oder Photovoltaik-Module aus China. Das seien "unrühmliche Beispiele, die wir auf das Schärfste verurteilen", so Börner. "Diese zutiefst chauvinistischen Tendenzen sind völlig inakzeptabel."
Die Welthandelsorganisation WTO geht davon aus, dass das weltweite Wachstum um 600 Milliarden Euro befördert würde, wenn die Doha-Runde für den freien Welthandel wiederbelebt und abgeschlossen werden könnte. Stattdessen sind in den vergangenen Jahren aber immer mehr bilaterale Abkommen geschlossen worden - Abkommen zwischen jeweils zwei Staaten also. Das sei zwar nicht erstrebenswert, so urteilt BGA-Präsident Börner, "aber besser als nichts."
Freihandel fördert den Warenverkehr
Durch das bilaterale Freihandelsabkommen zwischen Deutschland und Südkorea beispielsweise hätten die deutschen Ausfuhren in das asiatische Land im ersten Halbjahr 2012 um mehr als zwölf Prozent zugenommen. Insgesamt werden die deutschen Exporte im laufenden Jahr um vier Prozent auf mehr als 1,1 Billionen Euro steigen. Besonders gefragt sind weiterhin Maschinen, Fahrzeuge, chemische und Metallerzeugnisse. Für das kommende Jahr prognostiziert der BGA einen weiteren Export-Anstieg, da der Welthandel deutlich anziehen werde.
Positive Signale für die Konjunktur erwartet Anton Börner 2013 vor allem aus den USA. "Wenn man sich die Größe dieser Volkswirtschaft anschaut, dann sind selbst minimale Steigerungsraten in absoluten Zahlen gemessen riesige Volumina." Das gleiche gelte für China, wo das neue Politbüro eindeutig in Richtung Marktreform orientiert sei. "China wird weiter wachsen und man wird weiter alles dafür tun, dass es dort zu keinem Einbruch kommt und schon gar nicht zu einer Rezession."
Bleibt Europa. 56 Prozent aller deutschen Exporte gingen im ersten Halbjahr 2012 in die EU. Dabei brachen sie nach Griechenland um neun Prozent ein, nach Italien um acht Prozent und nach Portugal um 14 Prozent. 2013 wird sich die wirtschaftliche Lage in Spanien, Portugal und Irland nach Ansicht des BGA verbessern.
Nicht nur Griechenland macht Sorgen
In Italien hingegen habe sich nichts getan, das Land berge neben Frankreich ein erhebliches Risiko für die Erholung der Euro-Zone. "Umso mehr müssen wir uns in die Innenpolitik dieser Länder einschalten und das notwendige Umsteuern von Gesellschaft und Politik entschieden vorantreiben", fordert Anton Börner. "Diese Länder werden ihrer Verantwortung für Europa nicht gerecht. Sie sind verantwortlich, dass es in Europa nicht vorangeht und diese Länder müssen ihre notwendigen Strukturreformen endlich energischer angehen."
Die Hoffnung auf einen Durchbruch in Griechenland indes hat der BGA-Präsident aufgegeben. Man müsse das als "politisches Problem" sehen, formuliert er. Das Land werde schon allein wegen seiner geostrategischen Bedeutung auch für die NATO vom Westen nicht fallen gelassen werden - "Ökonomie hin, Ökonomie her". Irgendwie werde die EU schon eine finanzpolitische Lösung finden, so Börner.