Prostitution im Norden wieder erlaubt
8. September 2020Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster kippte nach eigenen Angaben im Eilverfahren das im Zuge der Coronakrise erlassene Prostitutionsverbot ab sofort. Der Beschluss kann nicht angefochten werden.
Das vollständige Verbot verstoße voraussichtlich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, erklärte das Gericht. Mittlerweile seien weitgehende Lockerungen in nahezu allen Bereichen zugelassen worden. Es sei nicht ersichtlich, warum im Gegensatz dazu sexuelle Dienstleistungen vollständig verboten seien. Bei auf zwei Personen beschränkten sexuellen Kontakten sei die Gefahr zahlloser Infektionsketten geringer als bei anderen bereits zugelassenen Veranstaltungen.
Kein Unterschied zu Fitnessstudio oder Privatparty
Das Gericht erklärte, es sei nicht ersichtlich, warum das Ansteckungsrisiko größer sei als "bei privaten Feiern mit bis zu 150 Personen, die zum Teil durch eine ausgelassene Atmosphäre mit Musik, Tanz und dem Konsum alkoholischer Getränke" geprägt seien. Als Beispiel nannte das Gericht auch Fitnessstudios, wo es ebenfalls zu erhöhter Atemaktivität - und somit zu einem größeren Aerosolausstoß komme.
Die vier norddeutschen Länder verständigten sich laut dem Hamburger Senat auf eine stufenweise Lockerung ab dem 15. September. Sie gehen gemeinschaftlich vor, um eine Abwanderung über Landesgrenzen hinweg zu verhindern.
Unter Auflagen können sexuelle Dienstleistungen in angemeldeten Bordellen oder im Rahmen von Vermittlungen unter Auflagen wieder stattfinden - dazu gehören unter anderem die Vorlage eines Hygienekonzepts, eine ständig zu tragende Mund-Nasen-Bedeckung und ein Alkoholverbot. Weiter verboten bleibt demnach die Ausübung von Prostitution in Fahrzeugen und bei entsprechenden Veranstaltungen.
Die Branche fordert schon seit längerem eine Wiedereröffnung und warnt vor den Folgen einer anhaltenden Schließung. Prostitution wird nach ihrer Darstellung dadurch hauptsächlich in illegale und unregulierte Bereiche verlagert, wo Sexarbeiterinnen und -arbeiter weit weniger geschützt sind. Erst in der vergangenen Woche hatte das "Pascha" in Köln, eines der größten Bordelle in Europa, Insolvenz beantragt. Mehrere Bundesländer, darunter Berlin, haben die Prostitution bereits wieder erlaubt. In anderen sind Bordelle weiterhin geschlossen.
ust/uh (dpa, afp, epd)