PRO: Christopher Langton
8. Februar 2008Es wäre sinnvoll, mehr Truppen in den Süden Afghanistans zu senden. Wir haben dort einen klaren Mangel. Wenn wir im Süden verlieren, werden wir uns bald in einer ganz anderen Lage befinden - die für alle Seiten noch viel schlimmer wäre. Es gibt nicht viele Länder, deren Kontingent groß genug ist, um Soldaten in den Süden schicken zu können. Man stützt sich gerade deshalb auf das deutsche Kontingent, weil es groß – und fähig - genug ist, um eine Mission im Süden zu übernehmen.
Vielleicht bräuchten die Soldaten ein paar mehr Helikopter und Fahrzeuge. Aber die gibt es in der Bundeswehr, sie müssten nur abgestellt werden. Was das Personal angeht, gibt es keinen Mangel. Die deutschen Truppen in Afghanistan sind außerdem mit die kompetentesten. Deutschland wird von der afghanischen Regierung zudem als sehr verlässlicher Partner angesehen. Deshalb wäre es wünschenswert, dass die Bundeswehr mehr in Afghanistan tut.
Forderung nach Hilfe ist legitim
In Afghanistan läuft uns die Zeit davon. Es ist also legitim für die NATO und ihre Alliierten, Deutschland, aber auch andere Länder, dazu aufzufordern, ihre Bemühungen im Süden zu verstärken - denn dort gibt es das größte Problem. Prinzipiell sollten alle NATO-Mitglieder das gleiche Risiko und die gleiche Verantwortung übernehmen. Aber hierzu gibt es in verschiedenen Ländern verschiedene Einstellungen – gerade, wenn es um Afghanistan geht. Es ist eine schwierige Woche für die NATO, denn es geht um etwas, das heute vielleicht nicht möglich ist. Mit guter Diplomatie und geschicktem Vorhergehen, werden aber womöglich Weichen für die Zukunft gestellt.
Politische Argumente verhindern den Einsatz
Die Diskussion über eine Entsendung von Kampftruppen nach Südafghanistan ist schwierig für die Bundesregierung - aus politischen und konstitutionellen Gründen. Deutschland hat in den letzten sechs Jahren viel Material für die Einsätze in Afghanistan geliefert und im Norden gute Arbeit geleistet. Ein Einsatz von Kampftruppen wäre natürlich für Deutschland weniger angenehm. Der Aufbruch in den Süden wäre ein riesiger Schritt vorwärts, den viele Menschen im Moment nicht für möglich halten. Die Öffentlichkeit macht es für deutsche Politiker schwierig, einen Einsatz im Süden überhaupt nur zu erwägen. Die politischen Argumente werden schließlich überwiegen und es Deutschland nicht möglich machen, den Einsatz im Süden zu bewilligen. Vielleicht sollten die Alliierten jetzt schon überlegen, mit welchen anderen Aufgaben Deutschland die Arbeiten anderer Staaten in Afghanistan erleichtern könnte.
Oberst Christopher Langton ist leitender Wissenschaftler beim Londoner Institut für Strategische Studien (IISS) und Experte für Konflikt- und Verteidigungsfragen in Afghanistan. Er hat 32 Jahre in der britischen Armee gedient.