Krieg im Kaukasus
11. August 2008"Le Figaro" aus Paris
"Angesichts der Entschlossenheit Russlands, einen Fuß im Südkaukasus behalten zu wollen, muss man zunächst entschieden die Souveränität Georgiens verteidigen. Es wäre unsinnig, Russland erniedrigen zu wollen. Doch Moskau sollte die schleichende Besetzung Südossetiens und Abchasiens durch Unterstützung der Separatisten einstellen. Georgien will in die NATO, was Russland als Bedrohung betrachtet. Über diese Dinge muss man reden. In erster Linie mit den USA, Russland und der Europäischen Union. Die europäische Diplomatie sollte als Fortführung der deutschen Initiative zu Abchasien in Moskau vermitteln, um den Frieden auf unserem Kontinent zu bewahren."
"Neue Zürcher Zeitung"
"Wie das neue Russland Krieg führt, lässt sich wieder am Konflikt im Kaukasus ablesen. Von Verhältnismäßigkeit im Sinne der vielen Theoretiker und Völkerrechtler kann keine Rede sein. Der brutale Einsatz von Kampfbombern und Raketen gegen georgisches Territorium und Wohnhäuser von Zivilisten als Antwort auf - wahrscheinlich provozierte - Übergriffe gegen russische sogenannte Friedenssoldaten zeigt dies überdeutlich. (...) Verhältnismäßig ist das Vorgehen in russischen Augen dagegen schon: eine bewusst überproportionale Reaktion, um dem Nachbarn eine Lektion zu erteilen, die dieser nicht vergisst, dem Westen vorzuzeigen, dass seine Macht enge Grenzen hat, und der Welt zu demonstrieren, dass die Großmacht Russland imperiale Interessen hat und wieder imstande ist, sie zu wahren."
"Kommersant" aus Moskau
"Die Eskalation des Konflikts zwischen Russland und Georgien um Südossetien sowie die Ausweitung des Kriegsgeschehens haben die Haltung der USA und anderer westlicher Staaten grundlegend geändert. Sie bezeichnen das Eingreifen Moskaus nicht mehr nur als 'gefährlich und unannehmbar'. Vielmehr drohen sie mit einer Verschlechterung der Beziehungen. Im Gegenzug hat Moskau gewarnt, dass es seine Haltung in anderen, für den Westen wichtigeren Fragen verschärft. Damit rückt nicht nur ein baldiges Ende der Gewalt in Georgien in weite Ferne. Es droht eine ernsthafte Abkühlung der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen."
"Gandul" aus Bukarest
"Der wehrlose Saakaschwili hat den Westen um Hilfe gebeten. Keine Großmacht hat diesen Appell beantwortet. Mehr noch, wahrscheinlich atmen die westlichen Staaten auf, erleichtert darüber, dass Georgien beim NATO-Gipfel in Bukarest kein grünes Licht (für einen NATO-Beitritt) bekommen hat. Denn sonst wären Frankreich, Deutschland und sogar Rumänien verpflichtet, das georgische Territorium im Fall eines russischen Angriffs zu verteidigen. Der georgische Präsident hat auch an dieser Front verloren und das NATO-Treffen im Dezember, bei dem der kaukasische Staat (zur Vorbereitung eines Beitritts) in den Membership Action Plan hätte aufgenommen werden sollen, wird verschoben oder annulliert werden. Denn auch Europa kann sich keinen Krieg gegen Russland leisten."
"La Stampa" aus Turin
"Eine Erklärung des Internationalen Olympischen Komitees, die nach dem Ausbrechen des Krieges zwischen Georgien und Russland verbreitet wurde, fasst sehr gut die Epoche, in der wir leben und den geistigen Zustand, der diese charakterisiert, zusammen: Ein Zustand, der aus Blindheit, Ignoranz, militanter Dummheit und Unverantwortlichkeit gemacht ist. 'Das ist nicht das, was die Welt in diesem Moment sehen möchte', urteilt das Komitee in Peking (...). Man erklärt, man fühle sich enttäuscht, verraten - fast so, als ob die Olympiade nicht schon immer so gewesen wäre, von den antiken griechischen Tyranneien bis hin zu Hitlers Spielen 1936: Eine Mischung aus ekstatischer Schönheit und Hässlichkeit, ein faszinierender Mythos von Harmonie, der auf dem harten Boden der von Brudermorden geprägten Wirklichkeit steht. Die Olympischen Spiele waren schon immer eine Parallelwelt, und im Laufe der Jahrtausende ist es ihnen nie gelungen, die reale Welt zu ersetzen, auch wenn sie deren Illusionen verkörpern." (jbi)