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Presseschau: "Es ist einfach bloß traurig"

11. November 2009

Nach dem Tod von Robert Enke sollte die Bundesliga innehalten, heißt es in ersten Zeitungskommentaren: Der Deutsche Fußballbund (DFB) solle das Länderspiel gegen Chile am Samstag absagen.

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Bild: picture-alliance/ dpa

Die Hamburger Morgenpost kommentiert:

"Was für ein tragisches Ende: Robert Enke, ein Reaktions-Genie auf der Torlinie, hat sein Leben mit 32 Jahren auf einem Bahnübergang beendet. Der Freitod gibt Rätsel auf. Den Tod seiner Tochter schien er überwunden zu haben. Sicher: Enke hatte schwere gesundheitliche Probleme - doch seine Rückkehr in die Nationalmannschaft war keinesfalls ausgeschlossen. Warum also? Von außen betrachtet wirkt es so, als wäre ein weiterer, sensibler Top-Fußballer mit dem Druck in der Bundesliga nicht fertig geworden. Der Fall erinnert an das Drama um den ebenfalls sehr empfindsamen Sebastian Deisler, der aus dem Tollhaus bei Bayern München in Depressionen flüchtete, oder an den genialen Tschechen Jan Simak, der vor dem Druck in Hannover in den Alkohol und dann in seine Heimat floh. Der Profi-Zirkus Bundesliga sollte nach Robert Enkes Tod einen Moment innehalten und sich fragen, wie es zu dieser Tragödie kommen konnte."

Die Braunschweiger Zeitung:

"Und doch wird Robert Enke den Fußballfans als tragische Figur in Erinnerung bleiben. Das Pech klebte ihm an den Füßen, Schicksalsschläge trafen ihn immer wieder. Vor rund drei Jahren starb seine damals zweijährige Tochter. Sie war mit einem Herzfehler auf die Welt gekommen. Seine sportliche Karriere war ein Auf und Ab. Doch in Hannover fand er seine sportliche Heimat, wurde Publikumsliebling und Kapitän. Er fühlte sich dort wohl, das war zumindest zu vermuten. Sogar ein Angebot der Bayern aus München schlug er aus. Die Weltmeisterschaft in Südafrika im kommenden Jahr sollte seine Karriere krönen. Robert Enke hatte viel Potenzial, er ist als Unvollendeter gegangen."

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) schreibt:

"Robert Enke ist tot - angesichts der Nachricht vom Freitod des gerade mal 32 Jahre alt gewordenen Fußball-Nationaltorhüters von Hannover 96 versagen alle Betroffenheits-Rituale. Über die Hintergründe des Unfassbaren zu spekulieren, ist müßig und vor allem pietätlos. Steht doch hinter solchen Verzweiflungstaten immer eine Tragödie. Die Prominenz des Opfers macht sie nicht größer, nur spektakulärer. Millionär, Nationaltorwart mit der Aussicht, bei der kommenden WM in Südafrika als Nummer eins im deutschen Tor zu stehen, respektiert und beliebt bei Mitspielern wie Gegnern - Menschen wie Enke wähnen wir auf der Sonnenseite des Lebens. Er selbst, einer der selten gewordenen leisen Stars, hatte die brutale Kehrseite aber schon kennengelernt, als er seine zweijährige Tochter verlor. Immer dann, wenn Sportler dabei sind, sich unverhältnismäßig über Nichtnominierungen oder falsche Schiedsrichterpfiffe zu erregen, bekommen sie zu hören: Es gibt auch ein Leben neben und nach dem Sport. Für Robert Enke ist das Spiel des Lebens zu Ende, bevor es richtig angefangen hat. Es ist einfach bloß traurig."

Das sagt die Neue Osnabrücker Zeitung:

"Er war einer der nachdenklichen, stillen Fußballprofis - lange, bevor Robert Enke und seine Frau ihre Tochter nach langer Krankheit verloren. Ob dieser Schicksalsschlag ihn in den Tod getrieben hat, wissen wir nicht. Vielleicht werden wir nie erfahren, was in Robert Enke an diesem Abend vorgegangen ist. Wir können nur mit Respekt Anteil nehmen, mit Rücksicht auf die Familie Abstand halten und uns klarmachen, wie unwichtig die Aufgeregtheiten des überdrehten Fußballgeschäfts in Wirklichkeit sind. Deshalb ist es nicht vorstellbar, sich am Samstag ein Länderspiel anzusehen. Und seine geschockten, trauernden Teamkollegen aus der Nationalmannschaft sollen gegen Chile spielen und Tore bejubeln? Der DFB sollte das Länderspiel absagen."

Redaktion: Dirk Eckert