1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pakistans Premier in Berlin

Bernd Gräßler11. November 2014

Beim Treffen mit Kanzlerin Merkel in Berlin geht es um Wirtschaft und Terrorbekämpfung. Der Gast aus Pakistan zeigt sich entschlossen im Anti-Terror-Kampf. Auch der "Fall Asia Bibi" kam zur Sprache.

https://p.dw.com/p/1DlQI
Nawaz Sharif und Angela Merkel gehen nebeneinander (Foto: Reuters/F. Bensch)
Bild: Reuters/F. Bensch

Nur kurz erwähnte Kanzlerin Angela Merkel nach ihrem Gespräch mit Pakistans Premier Nawaz Sharif das heißeste Thema: den Kampf gegen den Terrorismus, in dem Islamabad nach dem Wunsch des Westens mehr tun soll. Pakistan habe sehr harte Militäroperationen gegen die Taliban durchführen müssen und damit auch einige Erfolge erreicht, bescheinigte die Kanzlerin ihrem Gast. Aber letztendlich werde es nur in der Gemeinsamkeit von Pakistan und Afghanistan gehen. Deshalb begrüße sie sehr, dass es "sehr enge Kontakte zwischen der neuen afghanischen Führung und der pakistanischen Regierung" gebe.

Der Gast aus Islamabad teilte mit, er habe mit Angela Merkel vereinbart "unser Engagement im Feld der Terrorbekämpfung weiter zu verstärken". Details nannte er nicht. Pakistan zahle einen hohen Preis im Anti-Terrorkampf, aber er sei zuversichtlich, dass man bald Erfolg haben werde, unterstrich Sharif. Während er mit Merkel in Berlin zusammentraf, wurde aus seiner Heimat eine neue Anschlagsserie mit Dutzenden Toten gemeldet.

Offensive der pakistanischen Armee

Tatsächlich führt die pakistanische Armee seit Mitte Juni dieses Jahres an der Grenze zu Afghanistan in der Taliban-Hochburg Nord-Waziristan eine Offensive. Sie ist die Antwort auf einen Terrorangriff gegen den Flughafen in Karachi, zu dem sich die Organisation Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP) bekannt hatte. Die großangelegte Operation der Armee richtet sich erstmals nicht nur gegen die pakistanischen sondern auch gegen die afghanischen Taliban, die Nord-Waziristan als Rückzugsgebiet nutzen. Die USA hatten dies bereits seit Jahren gefordert und unterstützen die pakistanische Armee mit Drohnen-Angriffen. Experten bescheinigen dem seit Mai 2013 amtierenden pakistanischen Regierungschef größeren Willen zur Bekämpfung der verschiedenen militanten Gruppen im Lande. In einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" hatte Sharif am Montag erklärt, mit der jüngsten Militäroffensive in Nord-Waziristan habe man Netzwerke der Extremisten zerschlagen und ihre Rückzugsgebiete geräumt: "Das ist ein großer Erfolg unserer Armee".

Anschlag in Quetta, Krankenwagen und eine Menschenmenge (Foto: Reuters/N. Ahmed)
Pakistan am 11.11.: neue AnschlagserieBild: Reuters/N. Ahmed

Allerdings warfen kürzlich pakistanische Generäle dem Nachbarland Afghanistan mangelnde Kooperation vor, weil etliche Extremisten über die Grenze geflohen seien. Merkel unterstrich deshalb mehrmals die Bedeutung eines verbesserten Verhältnisses zwischen Kabul und Islamabad. Auf die Nachfrage eines pakistanischen Journalisten, was Deutschland nach dem Abzug des größten Teils der NATO-Truppen aus Afghanistan für die Stabilität der Region tun werde, verwies Angela Merkel darauf, dass Deutschland mit den verbleibenden Soldaten weiterhin die Hauptverantwortung für den Norden Afghanistans trage. Man wolle auf jeden Fall verhindern, dass das Erreichte in Gefahr gebracht werde. "Das liegt uns genauso am Herzen wir Ihnen", versicherte die Kanzlerin.

Besonders schmallippig gaben sich Merkel und Sharif zu den schwierigen Beziehungen zwischen Pakistan und seinem Nachbarn Indien, die der Stabilität in der Region schaden. Merkel teilte lediglich mit, man habe darüber gesprochen. Sharif schwieg zu dem Thema.

Deutschland soll im Energiesektor investieren

Auskunftsfreudiger waren beide Politiker zu Vereinbarungen über den Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Nawaz Sharif, der mit einer Delegation von Geschäftsleuten nach Berlin gekommen war, meinte, er habe großes Interesse deutscher Unternehmer festgestellt, in Pakistan zu investieren. Besonders im Energiesektor soll die Zusammenarbeit ausgebaut werden. Pakistan, das mit seinen 180 Millionen Einwohnern unter chronischer Energieknappheit leidet, wolle in den nächsten drei Jahren 4000 bis 5000 Megawatt mehr haben, erklärte Sharif. Deutschland fühle sich verpflichtet, einen Beitrag zu leisten, "damit sich Pakistan gut entwickelt", sagte Angela Merkel. Sie versprach, Pakistan zu unterstützen, damit es zu verbesserten Bedingungen seine Textilien in die Europäische Union exportieren könne. Sie unterstütze auch den Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Pakistan. Pakistans Premier teilte mit, Deutschland wolle auch im Bildungswesen, der Berufsausbildung und bei der Erhaltung der Mausoleen von Makli helfen, die im späten Mittelalter entstanden und UNESCO-Weltkulturerbe sind.

Bundestagspräsident setzt sich für Asia Bibi ein

Bei einem Treffen mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kam auch der Fall der Christin Asia Bibi zur Sprache. Sie war 2010 in Pakistan wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tode durch Erhängen verurteilt worden. Muslimische Frauen aus ihrem Dorf hatten sich darüber beschwert, dass sich die junge Frau in einem Streit beleidigend über den Propheten Mohammed geäußert habe. Ein Berufungsantrag der fünffachen Mutter war Mitte Oktober von einem Gericht in Lahore abgelehnt worden. In einer Pressemitteilung Lammerts heißt es, der Bundestagspräsident habe gegenüber Premier Sharif kritisiert, die mit der Todesstrafe bewehrten pakistanischen Blasphemie-Gesetze würden "offenkundig immer wieder zu Diskriminierung und Bedrohung aus religiösen und anderen Motiven missbraucht". Das habe zu mehr als tausend Verfahren vor pakistanischen Gerichten geführt

Asia Bibi, in Pakistan für Blasphemie zum Tode verurteilt
Zum Tode verurteilt: Asia BibiBild: picture-alliance/dpa/Governor House Handout

Sämtliche Versuche, die rigurosen Blasphemie-Gesetze zu ändern, sind bisher in Pakistan gescheitert. 2011 waren zwei Politiker, die Reformen forderten, Mordanschlägen zum Opfer gefallen.