Praktisch und tödlich
23. August 2004Sei es im Kongo, im Nahen Osten, in Kolumbien oder in Kaschmir: Sturmgewehre der Marken Kalaschnikow und G-3 sind das todbringende Handwerkszeug von Rebellen und Guerilla-Kämpfern überall auf der Welt. Beide Gewehrtypen, die in Sowjetzeiten entwickelte Kalaschnikow und das deutsche G3-Gewehr, haben eins gemeinsam: Sie sind zuverlässig, robust, langlebig - und kinderleicht zu bedienen.
Die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank schätzt die direkten und indirekten Schäden, die durch Kleinwaffen verursacht werden, allein für Lateinamerika auf eine Summe von 140 bis 170 Milliarden Dollar pro Jahr. Vor allem aber sind Kleinwaffen tödlich. Sie sind weltweit nach wie vor der Killer Nummer Eins. In den Kriegen der vergangenen zehn Jahre starben mehr als drei Millionen Menschen, die meisten von ihnen nicht durch High-Tech- oder Massenvernichtungswaffen, sondern durch Kleinwaffen.
Nachfrage ungebrochen
Zu Kleinwaffen gehören neben Pistolen und Gewehren auch Handgranaten und Granatwerfer. Die Nachfrage danach ist ungebrochen hoch, leicht abzulesen an der Zahl der bewaffneten Konflikte in Afrika, Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika. Seit einigen Jahren bemühen sich verschiedene Organisationen um eine Ächtung des Handels dieser Waffen. In New York zieht in dieser Woche (7.-11.7. 2003) die UN auf einer Konferenz Zwischenbilanz, inwieweit die Empfehlungen einer ersten Konferenz aus dem Jahr 2001 umgesetzt worden sind.
2001 diskutierten die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen erstmals den Missbrauch von Kleinwaffen und leichten Waffen und verabschiedeten ein Aktionsprogramm. Darin sicherten die Regierungen zu, in ihren Ländern Gesetze gegen die Verbreitung von Kleinwaffen zu erlassen und aktiv gegen Waffenschmuggel vorzugehen. Die Vereinbarung war allerdings rechtlich nicht bindend. Wichtige Staaten wie die USA weigerten sich, ein solches Programm mitzutragen.
Dennoch haben einige Staaten, wie zum Beispiel Deutschland, entsprechende Gesetze erlassen und begonnen, alte und ausgemusterte Kleinwaffen zu vernichten Im Zuge der Einführung des G-36 Gewehrs durch die Bundeswehr werden 400.000 gebrauchte G-3 Gewehre überflüssig. Das Bundesverteidigungsministerium verzichtet auf den Verkauf und hat die Zerstörung der gesamten Menge angekündigt. Deutschland war von 1994 bis 1998 noch der zweitgrößte Exporteur dieser Waffen.
Viele Wünsche offen
Trotz dieser erfreulichen Entwicklung hat sich die weltweite Situation aber kaum verbessert. "Leider gibt es noch immer den Missbrauch von Kleinwaffen in vielen Ländern", meint Peter Croll, Direktor des Internationalen Konversionszentrums für Waffen in Bonn (BICC): "Man rechnet, dass es nach wie vor 500 Millionen Kleinwaffen gibt." Nach Auffassung des BICC bleiben auch in Bezug auf Deutschland noch zahlreiche Wünsche offen. Denn nach wie vor werden in Deutschland entwickelte Kleinwaffen im Ausland hergestellt und verkauft. Die Bundesregierung hat zwar zugesichert, die unkontrollierte Verbreitung auch dieser Waffen zu unterbinden - bisher erklärte sie aber nicht, wie sie konkret dagegen vorgehen will.
In New York wollen die Teilnehmer auch darüber diskutieren, wie sie zukünftig gegen den illegalen Waffenhandel vorgehen sollen. Ein weiteres Ziel besteht darin, denjenigen Staaten, die über viele Kleinwaffen verfügen, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, um den Missbrauch von Kleinwaffen erfolgversprechender zu bekämpfen.
Beachtet werden sollen dabei auch geschlechtsspezifische Unterschiede. Obwohl Frauen auch Täter sein können, sind sie meist Opfer der Gewalt. Sie haben daher ein anderes Verhältnis zu den Kleinwaffen. Diesen Aspekt müssen Hilfsorganisationen, die die Kleinwaffenkontrolle vorantreiben wollen, berücksichtigen und die Frauen gezielt mit eigenen Programmen ansprechen. Frauen sind auf Regierungsebene häufig unterrepräsentiert. Sie spielen aber auf der Ebene der Nicht-Regierungs-Organisationen eine einflussreiche Rolle. Denn sie setzen sich mit ganzer Kraft für Frieden ein, weil sie die Grausamkeiten, die besonders sie und ihre Kinder erleiden, nicht länger ertragen wollen.