Hängepartei bei Präsidentenwahl in Uruguay
25. November 2019Nach Auszählung der Stimmen aus mehr als 99 Prozent der Wahllokale liegt Luis Lacalle Pou von der konservativen Partido Nacional ganz knapp vorne: Nach Angaben der Wahlbehörde führt er in der Stichwahl mit 48,7 Prozent der Stimmen vor Daniel Martínez vom linken Regierungsbündnis Frente Amplio (Breite Front), das auf 47, 5 Prozent kommt. Die beiden Kandidaten trennten nur rund 30 000 der gut 2,4 Millionen abgegebenen Stimmen - weniger als die Zahl der Stimmen, über deren Gültigkeit noch entschieden werden muss. Das Umfrageinstitut Factum sprach von einem "technischen Unentschieden". Die Wahlbehörde erklärte, wegen des knappen Vorsprungs könne sie das offizielle Ergebnis möglicherweise erst in einigen Tagen bekanntgeben.
Der Ex-Senator Lacalle Pou war als Favorit in die Stichwahl gegangen. In der ersten Runde am 27. Oktober hatte der 46-Jährige zwar gut zehn Prozentpunkte der Stimmen weniger erhalten als der 62-jährige Martínez. Für die Stichwahl konnte er sich aber die Unterstützung der in der ersten Runde ausgeschiedenen Bewerber sichern. Die Vertreter dreier kleinerer Parteien hatten im ersten Wahlgang gemeinsam 24 Prozent der Stimmen bekommen.
Linksgerichtete Regierung vor dem Aus?
Martínez, bis vor wenigen Monaten Bürgermeister der Hauptstadt Montevideo, vertritt den gemäßigten Flügel der Linkskoalition, die Uruguay seit 2005 regiert. Lacalle Pou ist Sohn des ehemaligen Präsidenten Luis Lacalle und bewarb sich als junger Erneuerer des konservativen Lagers. Nach Ansicht von Beobachtern hat Lacalle Pou gute Chancen, das Ende der 15-jährigen Vorherrschaft linksgerichteter Regierungen in Uruguay einzuleiten, da er nach den Ende Oktober ebenfalls abgehaltenen Parlamentswahlen einen Pakt auch mit rechtsgerichteten und Mitte-Rechts-Parteien im Kongress schließen konnte.
Die Krise der Wirtschaft stand im Fokus des Wahlkampfs in dem 3,5-Millionen-Einwohner-Staat, der an Argentinien und Brasilien grenzt. Bei fallenden Preisen der uruguayischen Exportgüter ist das Staatsdefizit auf 4,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts gestiegen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei neun Prozent.
Der Wahlsieger tritt am 1. März 2020 eine fünfjährige Amtszeit als Nachfolger des sozialistischen Präsidenten Tabaré Vázquez an. Die Verfassung des Landes verbietet zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten. Der Präsident Uruguays ist Staatsoberhaupt und Regierungschef zugleich.
kle/sti (dpa, kna, afp, ape, rtre)