Portugals Regierung in Zugzwang
6. April 2013Ein Veto des Verfassungsgerichts gegen mehrere Sparmaßnahmen der portugiesischen Mitte-Rechts-Regierung hat Ministerpräsident Pedro Passos Coelho in Zugzwang gebracht. Lissabon muss nun neue Wege finden, um seine Zusagen an Brüssel zum Abbau des Haushaltsdefizits einzuhalten. In Lissabon begann inzwischen eine Krisensitzung des Kabinetts. Nach Medienberichten wird eine Umbildung der Regierung nicht ausgeschlossen.
Richter berieten drei Monate
Das Verfassungsgericht hatte nach mehr als dreimonatigen Beratungen entschieden, dass insgesamt vier Sparbeschlüsse im Budget 2013 verfassungswidrig seien. Das Urteil verschärfte die Lage in dem Euro-Krisenland, das sich bei der EU zu einem harten Sparkurs verpflichtet hatte. Das Gericht erklärte am Freitagabend unter anderem die Kürzungen von Urlaubsgeldern für Beamte, Angestellte des öffentlichen Diensts und für Rentner sowie Einschnitte bei der Arbeitslosenhilfe für verfassungswidrig.
Eine Reihe anderer Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen wurden von den Richtern gebilligt. Das Teil-Veto bedeutet nach Berechnungen portugiesischer Medien, dass im Staatshaushalt sich eine Deckungslücke von etwa 1,3 Milliarden Euro auftut. Die konservativ-liberale Regierungspartei PSD äußerte sich "sehr besorgt". "Wir haben praktisch keinen Handlungsspielraum", sagte die PSD-Politikerin Teresa Leal Coelho. Der sozialistische Oppositionsführer António José Seguro verlangte den Rücktritt der Regierung und Neuwahlen.
Auch der Staatspräsident klagte
Gegen die Sparbeschlüsse hatten nicht nur die Linksparteien der Opposition geklagt, sondern auch Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva, der ebenso wie der Regierungschef der PSD angehört. Der Staatschef hatte seine Klage damit begründet, dass der Haushalt "berechtigte Zweifel an der Gerechtigkeit bei der Verteilung der Opfer" wecke. Er lehnte Neuwahlen ab und betonte, die Regierung sei in vollem Umfang legitimiert, im Amt zu bleiben.
Portugal hatte 2011 von der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ein 78-Milliarden-Euro-Hilfspaket erhalten. Im Gegenzug musste das ärmste Land in Westeuropa sich bei den Geldgebern zu einer drastischen Sparpolitik verpflichten, um das Haushaltsdefizit abzubauen und die Staatsfinanzen zu sanieren.
sti/kle (afp, dpa, rtr)