Porträt: Jürgen Rüttgers
22. Mai 2005Jürgen Rüttgers hat seine zweite Chance genutzt. Nun ist der Weg an die Macht in Nordrhein-Westfalen frei. Der promovierte Jurist ist seit 30 Jahren der erste Spitzenkandidat der CDU des Landes, der seine Partei zwei Mal nacheinander in eine Landtagswahl führte.
Ende Januar 1999 setzte er sich in einer Kampfabstimmung um die Nachfolge von Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm gegen den früheren Fraktionschef im Landtag, Helmut Linssen, durch, seit Mai 2000 ist er auch Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf. In dieser Zeit wurde die CDU zur stärksten kommunalpolitischen Kraft in Nordrhein-Westfalen. Zwei Mal konnte sie die Kommunalwahlen klar gewinnen. Selbst im Ruhrgebiet stehen die Christdemokraten der SPD inzwischen auf Augenhöhe gegenüber. Stolz weist Rüttgers auch darauf hin, dass seit seinem Amtsantritt die CDU zur mitgliederstärksten Partei in NRW geworden ist - auch wenn dies hauptsächlich der Austrittswelle bei der SPD geschuldet ist.
Strippenzieher und Technokrat
In der Landespolitik war der Rheinländer aber bislang weniger erfolgreich. Auch er konnte seine Partei bei der Landtagswahl vor fünf Jahren nicht zum Sieg führen. Als Ursache für die Niederlage machte er damals die Spendenaffäre von Altkanzler Helmut Kohl aus, die der CDU in NRW erheblich geschadet habe. Mit seiner umstrittenen "Kinder-statt-Inder"-Äußerung in der Debatte um die Anwerbung ausländischer Fachkräfte hatte Rüttgers allerdings auch selbst für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Mit seinen Äußerungen zur Überlegenheit des Christentum hat Rüttgers kürzlich erneut einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Rüttgers gilt als Zögling des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl. Schon als junger Mann wurde er als großes politisches Talent gehandelt, obwohl es ihm an Charisma fehlt. Seine Bemühungen locker zu wirken, sind oft nicht von Erfolg gekrönt. Ein Kumpeltyp ist er nicht, eher der Strippenzieher und Technokrat im Hintergrund. Im Alter von 36 Jahren schaffte er 1987 den Einzug in den Bundestag. Bereits vier Jahre später war er Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 1994 machte ihn der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zum Chef des neu geschaffenen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie - Rüttgers erhielt schnell den inoffiziellen Titel "Zukunftsminister". Nach dem Regierungswechsel im Bund von Schwarz-Gelb zu Rot-Grün ging er nach Düsseldorf.
Rüttgers gilt als ausgesprochener Familienmensch. Er ist verheiratet, hat drei Kinder im Alter von 5, 9 und 16 Jahren und wohnt in Pulheim bei Köln. Als Hobbys nennt er die Gartenarbeit und das Lesen von Geschichtsbüchern sowie Kriminalromanen. (stl)