Harte Hand gegen Separatisten
26. Mai 2014Der proeuropäische Oligarch Petro Poroschenko soll die tief gespaltene Ukraine aus der Krise führen. Der 48-jährige Milliardär errang einen überraschend klaren Sieg bei der Präsidentenwahl, die vom Westen als entscheidend für die Stabilisierung angesehen wird.
Nach Auszählung von etwa 85 Prozent der Stimmen ging Poroschenko aus der Wahl mit 54 Prozent als klarer Sieger hervor. Die zweitplatzierte Julia Timoschenko landete weit abgeschlagen bei 13 Prozent. Mit der absoluten Mehrheit für Poroschenko ist eine Stichwahl hinfällig. Bei der Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt Kiew siegte laut Prognosen der mehrfache Boxweltmeister Vitali Klitschko. Der Sportstar habe 57,4 Prozent der Stimmen erhalten, ergab eine Nachwahlbefragung im Auftrag des Staatsfernsehens.
15 Prozent der Wähler ausgeschlossen
Der Wahlsieger kündigte an, als erstes in die abtrünnigen östlichen Regionen zu reisen, um "Krieg und Chaos" zu beenden. In weiten Teilen des Ostens hatten militante Separatisten die Präsidentenwahl verhindert. Auch die Bürger auf der Krim konnten sich nicht an der Abstimmung beteiligen. Russland hatte die Halbinsel nach einem umstrittenen Referendum im März angegliedert. Damit waren mehr als 15 Prozent der Wähler an der Stimmabgabe gehindert. In den übrigen Teilen der Ukraine war die Wahlbeteiligung nach Angaben der Behörden jedoch hoch.
Ob eine Befriedung der Ukraine gelingt, hängt nach Ansicht des Westens maßgeblich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin ab, der nach Auffassung der USA und der EU möglichweise Teile des Nachbarlands an Russland angliedern will. Poroschenko erklärte sich bereit, mit Putin zu verhandeln. Russland sei ein wichtiger Partner. Die russische "Besatzung der Krim" werde er jedoch niemals anerkennen, betonte Poroschenko in seiner Wahlkampfzentrale. Zugleich kündigte der Unternehmer und frühere Außen- und Wirtschaftsminister an, der russischen Sprache einen offiziellen Status in den russisch geprägten Gebieten in der Ostukraine zuzubilligen.
"Wir verhandeln nicht mit Terroristen"
Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich offen für Krisen-Gespräche mit dem ukrainischen Wahlsieger. "Wir sind bereit zum Dialog mit Poroschenko", wird Lawrow von der russischen Nachrichtenagentur Interfax zitiert. Russland respektiere den Willen des ukrainischen Volkes. Moskau spricht aber weiterhin nicht ausdrücklich von einer Anerkennung des Wahlergebnisses.
In einer Richtung gibt es allerdings auch nach jüngsten Ankündigungen keine Verhandlungsbereitschaft: Poroschenko lehnt Gespräche mit militanten Separatisten weiterhin ab. "Wir verhanden nicht mit Terroristen", sagte er in Kiew und kündigte eine Fortsetzung des "Anti-Terror-Kampfes" an. Freilich müsse der Einsatz effektiver geführt werden. Die Sicherheitskräfte müssten eine bessere Bewaffnung erhalten, so Poroschenko.
Gefechte am Flughafen in Donezk
Aus dem Osten der Ukraine werden derweil neue Gefechte gemeldet. Ukrainische Truppen haben einen großangelegten Angriff begonnen, um den internationalen Flughafen in Donezk von prorussischen Separatisten zurückzuerobern. Nach Angaben der Streitkräfte flogen zunächst Kampfflugzeuge und ein Hubschrauber Angriffe auf Separatistenstellungen. Danach seien Fallschirmjäger auf dem Flughafen gelandet. Schon vorher hatten Zeugen von anhaltendem Gewehrfeuer berichtet. Von dem Gelände sei Rauch aufgestiegen, hieß es weiter.
Prorussische Separatisten hatten in der Nacht zum Montag die Schließung des Flughafens der Industriemetropole erzwungen. Dutzende Vertreter der sogenannten "Volksrepublik Donezk" seien auf dem Flughafengelände erschienen und hätten den Abzug ukrainischer Soldaten verlangt, sagte ein Flughafensprecher. Aus Sicherheitsgründen sei der Betrieb eingestellt worden.
Die Deutsche Presse-Agentur berichtet von vielen Toten in Donezk. Separatistenführer hätten erklärt, ein Lastwagen mit verletzten Kämpfern sei von regierungstreuen Truppen beschossen worden. Mindestens 35 Menschen seien getötet worden.
Engere Anbindung an den Westen
Der Wahlsieger Poroschenko verspricht den 45 Millionen Ukrainern eine engere wirtschaftliche und politische Anbindung an den Westen. Die Abstimmung habe ihm das Mandat gegeben, seinen europafreundlichen Kurs fortzusetzen, erklärte der Süßwarenfabrikant. Noch in diesem Jahr solle eine Parlamentswahl stattfinden, kündigte er an. Poroschenko gilt als Pragmatiker, dem zugetraut wird, die Spaltung der Ukraine in Anhänger und Feinde der Führung in Moskau zu heilen.
jj/mak (rtr, dpa, afp)