Pop Art "Made in Germany"
Die 1960er und 1970er Jahre standen ganz im Zeichen der Pop Art - auch in der noch jungen Bundesrepublik. Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt widmet "German Pop" eine Ausstellung.
Pop Art im kapitalistischen Realismus
Ihren Ursprung hat die deutsche Pop Art in Düsseldorf. Gerhard Richter hat den Begriff "German Pop" geprägt, als er zusammen mit den Künstlerkollegen Sigmar Polke, Konrad Lueg und Manfred Kuttner am 11.05.1963 die erste Ausstellung des "kapitalistischen Realismus" veranstaltete . Eine aktuelle Schau in Frankfurt zeigt nun die Vielfalt des "German Pop", die weit über Düsseldorf hinaus geht.
"Die heiligen Kleinbürger"
Inhaltlich warfen die neuen Künstler einen ironischen Blick auf den kleinbürgerlichen Geschmack der Nachkriegsjahre. Konrad Luegs Gemälde "Herr und Frau S." veranschaulicht das sehr gut: Es zeigt ein gesichtsloses Paar, hinter einer Mustertapete. Das Gemälde wurde nicht mit Ölfarbe gemalt, sondern mit Tempera, einer Farbe, die hauptsächlich für Heiligenbilder im Mittelalter verwendet wurde.
Zwei Kameraden
Die jungen deutschen Künstler hatten nicht nur einen kritischen Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen, sie lehnten auch die abstrakte Malerei der frühen Nachkriegsjahre ab. Konrad Klapheck war einer der ersten Maler, der sich wieder der gegenständlichen Malerei widmete. Seine Motive sind Alltagsgegenstände, wie Schreibmaschinen oder Stiefel, die er in ungewöhnlichen Proportionen malte.
Wiederentdeckte Gegenständlichkeit
Die Pop Art war ein bewusster Gegenentwurf zur abstrakten Kunst der Nachkriegsjahre. Die Künstler fingen vermehrt an, gegenständlich zu malen oder auch Objekte in ihrer Kunst zu verwenden. Manfred Kuttner bemalte 1963 eine Schreibmaschine mit fluoreszierender Temperafarbe. Nur zwei Jahre später zog sich Kuttner aus dem Kunstbetrieb zurück und arbeitete in einer Lackfabrik.
Szenetreff "Creamcheese"
In der Düsseldorfer Altstadt wurde 1967 das Lokal "Creamcheese" eröffnet. Die Einrichtung wurde von Künstlern wie Heinz Mack oder Günther Uecker gestaltet. Für die Videoprojektion zeichnete sich Ferdinand Kriwet verantwortlich. Auch über die Stadtgrenzen hinaus wurde das "Creamcheese" ein wichtiger Treffpunkt der Kunstszene, der aber schon 1976 saniert werden musste und geschlossen wurde.
Von Düsseldorf nach Berlin
Mitte der 1960er Jahre war die Welle der Pop Art von Düsseldorf nach Berlin geschwappt. Die dort gegründeten Produzentengalerie "Großgörschen 35" gab es nur vier Jahre, aber sie brachte viele Künstler hervor: Werner Berges gilt heute als einer der wichtigsten Deutschen Pop Art Künstler. Ein immer widerkehrendes Motiv seiner Werke sind, in kräftigen Primärfarben dargestellte, Frauenfiguren.
Farbenfrohe Frauenbilder
In der Produzentengalerie "Großgörschen 35" konnten die Künstler ihre Werke unabhängig vom Kunstmarkt präsentieren. Auch Hermann Albert stellte seine Bilder erstmals 1967 in den Räumen in Berlin-Schöneberg aus. Sein Gemälde "Frau 7" ist nur eines aus einer ganzen Serie von farbgewaltigen Frauenbildern.
"Stilleben mit Frosch"
Durch das Wirtschaftswunder wurde in der Bundesrepublik in den 1950er Jahren die Konjunktur angekurbelt. Der gesteigerte Konsum machte auch vor der Spielzeugindustrie keinen Halt. Die Berlinerin Christa Dichgans war eine der wenigen Frauen in der deutschen Pop Art Szene und verbrachte 1966 ein Jahr in New York. Ihr Spielzeugbild mit Frosch entstand drei Jahre später, zur Hochzeit des "German Pop".
Frankfurt goes pop
Durch die US-Besatzung war der amerikanischen Einfluss in Frankfurt sehr groß. Dies lässt sich auch in der Kunst sehen. Künstler, wie Peter Roehr, waren stark von der US-Pop Art inspiriert. Seine Werke werfen einen kritischen Blick auf die Werbung. Sie sind minimalistisch und folgen einer seriellen Anordnung. So grenzten sich die Frankfurter von der übrigen deutschen Pop Art ab.
Pop und Politik
Auch Wolf Vostell verarbeitete in seinen Werken politische Ereignisse. 1968 entstand sein Bild "Dutschke". Vostell entfremdete mit einer speziellen Wischtechnik ein populäres Foto des Wortführers der Berliner Studentenbewegung Rudi Dutschke. Immer wieder hat er politische Themen in seinen Bildern dargestellt, darunter auch den Vietnamkrieg oder den Fall der Berliner Mauer.
Popkultur und Zeitkritik
Das vierte Pop Art Zentrum im Deutschland der 1960er Jahre war München. Die Künstlergruppen WIR und SPUR schlossen sich 1965 zu der neuen Gruppe GEFLECHT zusammen. Die Künstler waren politisch sehr aktiv, was sich in der Collage von Florian Köhler wiederspiegelt. Mit Coca-Cola-Flasche und "End the war"-Slogan nimmt Köhler Bezug auf die Popkultur und die Proteste gegen den Vietnamkrieg.
Auto auf Papier
Auch Reinhold Heller war Mitglied der Münchener Künstlergruppe GEFLECHT. Sein Bild "Auto" von 1968 steht mit seiner Farbgebung, der Form und dem Motiv ganz in der Tradition der Pop Art. Dieses und viele weitere Werke sind noch bis zum 8. Februar 2015 in der Ausstellung "German Pop" in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt zu sehen.