Polnische Partisanen verklagen ZDF
1. Dezember 2013Die Klage wurde sowohl von einer Privatperson als auch vom 1989 entstandenen "Weltverband der Soldaten der Heimatarmee" (rund 12.000 Mitglieder), eingereicht. Die klagende Privatperson möchte anonym bleiben. Nach Recherche der DW handelt es sich hier um einen ehemaligen Offizier der "Heimatarmee" (AK) und Häftling eines deutschen Konzentrationslagers. Er lebt in Krakau, daher wurde hier die Klage eingereicht. Die Polnische Heimatarmee war eine im Untergrund operierende Militärorganisation, die während des Zweiten Weltkriegs gegen die deutschen Besatzungstruppen kämpfte.
Noch keine offizielle Klageschrift
Die Kläger sehen sich durch den ZDF-Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Kläger fordern daher von den Beklagten eine Entschuldigung auf allen Fernsehkanälen, die den ZDF-Dreiteiler ausgestrahlt haben, eine symbolische Wiedergutmachung in Höhe von umgerechnet 12.000 Euro, sowie die Entfernung der AK-Symbole aus dem Film.
Nach der Auffassung der Anwälte Monika Brzozowska und Jerzy Pasieka, die die Kläger vor dem Krakauer Gericht vertreten, hat die ZDF-Serie "das Recht auf den nationalen Stolz, das Recht auf die Pflege der eigenen nationalen Kultur, das Recht auf ein wahrheitsgemäßes Geschichtsbild, sowie die Würde und das Recht auf die Ehrung der verstorbenen Soldaten der Heimatarmee" verletzt.
Das ZDF hat von dem Vorgang nur aus dem Medien erfahren, dem Sender liegt keine offizielle Information des Gerichts oder eine Klageschrift vor. "Insofern können wir gegenwärtig auch nicht darauf reagieren" - teilte die Pressestelle des ZDF auf eine Anfrage der DW mit.
Mit Juden befreundete Deutsche - polnische Antisemiten
Konkret beziehen sich die Vorwürfe auf Szenen aus einer der drei Folgen, in der die Soldaten der AK als Antisemiten dargestellt würden und ihnen eine Mitschuld an den Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung in Polen unterstellt werde. Dagegen würden die Deutschen im Film fast wie Opfer dargestellt - so die gängige Meinung der AK-Veteranen. Tatsächlich sind die Protagonisten, junge Deutsche, in dem Film mit einem jüdischen Gleichaltrigen befreundet. Dagegen wollen die im Film dargestellten polnischen Bauern die AK-Partisanen nur mit Lebensmitteln versorgen, solange sich unter ihnen keine Juden befinden. Auch die polnischen Partisanen wollen in den umstrittenen Szenen den Juden nicht helfen: Sie seien genauso schlimm wie die Nazis, erklärt ein AK-Soldat in dem Film.
Nun soll das Gericht die Frage klären, ob die im Film dargestellten Szenen tatsächlich das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzen. Der Warschauer Rechtsanwalt und Zivilrecht-Experte Daniel Wieckowski ist eher skeptisch. Ein Film sei eine Form des künstlerischen Ausdrucks, und es stelle sich die Frage, ob ein Kunstwerk das Persönlichkeitsrecht verletzte, sagt Wieckowski. Klagen dieser Art dienten oft Propagandazwecken, die Kläger versuchten so Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, erklärt der Jurist.
Von Anfang an Proteste
Die Aufmerksamkeit der polnischen Öffentlichkeit wurde allerdings schon im Frühjahr geweckt. Seit der Ausstrahlung der Serie im März gibt es in Polen Proteste gegen den deutschen Film, und sie halten an. Zuletzt gab es Widerstand gegen die Ausstrahlung des ZDF-Dreiteilers durch die BBC. Laut der Organisation "Reduta Dobrego Imienia - Polska Liga Przeciw Znieslawieniom" ("Imageschutz - Polnische Liga gegen Verleumdung") wurden etwa hundert Protestbriefe an die BBC verschickt.
Gleichzeitig sammelt die Organisation Unterschriften für eine Petition an das polnische Parlament. Demnach soll das Parlament die in manchen deutschen und angelsächsischen Medien vorkommende Formulierung "Polnische Konzentrationslager" als Bestandteil der Holocaustleugung unter Strafe stellen. Hierzu seien 10.000 Unterschriften gesammelt worden.