Politiker bestreiten Doping-Vorwürfe
4. August 2013Frühere Politiker und Spitzenfunktionäre der alten Bundesrepublik haben Vorwürfe, im Kalten Krieg seien Sportler auch in Westdeutschland gedopt worden, entschieden zurückgewiesen. Hans-Dietrich Genscher (FDP), seinerzeit als Innenminister für den Sport zuständig, sagte der "Bild am Sonntag", er könne sich nicht vorstellen, dass westdeutsche Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 unter Druck gesetzt worden wären, zu dopen. "Ich wüsste nicht, wer einen solchen Druck ausgeübt haben sollte. Ich halte das für völlig ausgeschlossen."
Systematisches Doping
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am Samstag über eine bislang unveröffentlichte Studie "Doping in Deutschland" der Humboldt-Universität Berlin berichtet. Demnach gab es in der alten Bundesrepublik systematisches Doping von Sportlern, und zwar mit Unterstützung staatlicher Stellen. Namentlich wurde das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) genannt.
Hat also die Bundesrepublik im Kalten Krieg leistungssteigernde Mittel verwendet, um mit den Sportlern der DDR mithalten zu können? Walther Tröger, der Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) von 1961 bis 1992, glaubt das nicht. "Systematisches Doping hat es unter dem Dach des Bundesinnenministeriums, des Bundesinstituts für Sportwissenschaft und der Sportorganisationen nach meiner Überzeugung nicht gegeben", sagte der heute 84-Jährige.
West wie Ost?
Auch Michael Vesper, amtierender Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), hat seine Zweifel: "Es waren eher Spekulationen und zusammenfassende Bewertungen in der Süddeutschen, ich denke, wir würden gerne den Bericht selber bewerten und unsere Schlüsse daraus ziehen", sagte der 61-Jährige.
Oppositionspolitiker drängen jetzt auf eine Veröffentlichung der Studie: "Innenminister Friedrich muss die Studie endlich freigeben. Doping ist kein Kavaliersdelikt, sondern zerstört die Grundwerte des Sports", sagte Thomas Oppermann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD. "Staatsbetrug im Sport gab es auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch.
Studie wird veröffentlicht
Das Bundesinnenministerium kündigte an, die Studie bald zu veröffentlichen. "Nachdem nun die datenschutzrechtlichen Bedenken ausgeräumt sind, wird das Bundesinnenministerium gegenüber dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft darauf hinwirken, dass der Bericht möglichst bald veröffentlicht und damit einer umfassenden fachsportlichen und politischen Diskussion und Bewertung zugänglich ist", teilte ein Sprecher mit.
Vertuschungsvorwürfe der Opposition wies er zurück. "Das Bundesinnenministerium hat großes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung und Bewertung der Dopingvergangenheit in beiden Teilen Deutschlands."
det/haz (dpa, sid)