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Polen: "Die EU und der Euro sind gut für Polen"

Andrea Sanke13. Dezember 2001

Der polnische Notenbank-Präsident Leszek Balcerowicz rechnet mit mehr Wachstum und Preisstabilität durch den EU-Beitritt Polens.

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Leszek Balcerowicz: Er führte Polen zur Marktwirtschaft - führt er das Land jetzt zum Euro?Bild: AP

Warum sollte Polen der EU beitreten und den Euro übernehmen ?

Wegen der Vorteile für beide Seiten. Ein EU-Beitritt ist gut für Polen und gut für die Europäische Union. Die Eurozone wäre gezwungen, Reformen zu vollenden, was zur gleichen Zeit zu mehr Wirtschaftswachstum in Polen führen würde. Und sind wir erst mal Mitglied der Eurozone, werden wir noch mehr erreicht haben: Zum Beispiel eine größere Preistransparenz, einen gefestigten makroökonomischen Rahmen, mehr Disziplin in der Fiskalpolitik. Und es ist im Interesse Polens und ich denke auch im Interesse der Europäischen Union, ein neues stabiles und dynamisches Mitglied zu haben.

Was sagen Sie den Bauern, die ja einen großen Teil der polnischen Bevölkerung ausmachen und die meinen, Polen sollte nicht der Europäischen Union beitreten?

Ich denke, die Bauern in Polen würden am meisten davon profitieren. Wir müssen sie aber offensichtlich besser informieren. Denn eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union heißt bessere Chancen für sie, eine bessere Infrastruktur, bessere Ausbildung, Modernisierung und zusätzliche Arbeitsplätze in der Landwirtschaft.

Lassen Sie uns einen Blick auf Polens Inflationsrate werfen, die zur Zeit bei ungefähr 4,5 Prozent liegt. Sie haben viel Ansehen erworben, daß Sie das erreicht haben, nach der Hyperinflation in den frühen 90er Jahren. Trotzdem ist die Inflation immer noch mehr als doppelt so hoch wie die Zielrate der Europäischen Zentralbank. Denken Sie die Inflationsrate wird weit genug sinken, um der EU im Jahre 2005 beizutreten?

Zuerst möchte ich darauf hinweisen, daß die polnische Inflationsrate vor einem Jahr fünf mal so hoch wie in der Europäischen Union war. Jetzt sind wir auf dem gleichen Stand wie die Niederlande. Ich denke, daß es mit disziplinierter Politik und Strukturreformen durchaus möglich ist, die Inflation sehr nah an das Niveau zu bringen, das jetzt für die Europäische Union maßgebend ist.

Sehen wir uns das Wirtschaftswachstum Polens an, das nicht so beeindruckend ist wie seine Inflationszahlen. Seit 1997 hat sich das Wachstum kontinuierlich verlangsamt. Und jetzt behaupten einige Ihrer Kritiker, Ihre Hochzinspolitik sei für das schwache Wirtschaftswachstum verantwortlich. Was sagen Sie dazu?

Ich bin erst seit Januar diesen Jahres der Vorsitzende der Nationalbank und seitdem hat es nur Zinssenkungen gegeben. Es gibt zwei Gründe für die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Polen: Erstens ist das weltwirtschaftliche Klima ungünstig. Man darf nicht vergessen, daß das Wachstum in Deutschland, das unser größter Partner ist, sich beinahe auf Null verlangsamt hat. Und zweitens haben wir es versäumt, unseren Arbeitsmarkt zu reformieren und Privatisierungen voranzutreiben. Wenn wir diese Strukturreformen abschließen, dann werden wir wieder stärker wachsen.

Der Zloty ist zur Zeit sehr stark und macht polnische Waren vergleichsweise teuer für den Export. Das ist einer der Hauptkritikpunkte von ausländischen Handelspartnern wie auch von polnischen Unternehmen. Warum ist der Zloty so stark?

Zuerst möchte ich daran erinnern, daß die Produktivität der polnischen Industrie sehr schnell wächst. Zwischen 1996 und dem Jahr 2000 ist sie um 53 Prozent angestiegen und das hilft dem polnischen Export. Trotz des starken Zlotys hatten wir dieses und letztes Jahr einen Exportboom. Und ich denke das wahre Problem ist die Verlangsamung der Nachfrage aus dem Ausland, infolge der Wirtschaftsflaute in Deutschland und anderen westlichen Ländern.