Poetische Revolutionäre: Rendezvous mit den Dadaisten
Im Jahr 1916 bekam die Kunst einen Schluckauf: Dada wurde in Zürich aus der Taufe gehoben. Die Kunstbewegung gilt als Antwort auf die Wirren des Ersten Weltkriegs. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Künstler vor.
Hugo Ball
Am 5. Februar 1916 zettelten die Dadaisten eine künstlerische Revolution an. Im "Cabaret Voltaire", in einer Gasse des kriegsneutralen Zürich, versammelten sie sich. Eingeladen hatten die Sängerin Emmy Hennings und der aufstrebende Dichter Hugo Ball (1886-1927). In kubistischer Verkleidung trug er sein dadaistisches Lautgedicht vor: "Jolifanto bambla ô falli bambla" tönte es von der Bühne.
Arp, Tzara, Richter
Der Erste Weltkrieg hatte Hans Arp (1886-1966), Tristan Tzara (1896-1963), Hans Richter (1888-1976) in Zürich zusammengebracht. Das unsinnige Massensterben wollten sie künstlerisch verarbeiten und setzten ihm den dadaistischen Unfug entgegen: Simultangedichte, lärmende Unterhaltung, Angriffe auf die Kirche, die Kunst des Zufalls.
Richard Huelsenbeck
Auch Richard Huelsenbeck (1892-1974) zog es als Kriegsdienstverweigerer nach Zürich. Dort gehörte der Psychoanalyst und Dichter zum Dada-Zirkel der allerersten Stunde. Zurück in Berlin gab er 1920 den Dada-Almanach samt Manifest heraus. Berühmt wurde er auch durch Simultangedichte, die den "Sinn des Durcheinanderjagens aller Dinge" beschwören, wie er es im Manifest des Dadaismus beschreibt.
Hannah Höch
Die Dadaisten rebellierten gegen den traditionellen Kunstbegriff. Sie beriefen sich auf den Traum und den Zauber des Alogischen. Neue Materialien und der Hang zum Unperfekten brachte auch eine neue Bildsprache hervor: Hannah Höch (1889-1978) war eine der Künstlerinnen, die sich der Collage und der Fotomontage widmete. So wollte sie die Wirklichkeit verfremden und paradoxe Bezüge herstellen.
Marcel Duchamp
"Readymades" nannte Marcel Duchamp (1887-1968) seine Kunstwerke: Er stellte Pissoirs ins Museum und taufte sie ironisch "Brunnen", oder adelte ein Rad auf einem Hocker zum Kunstwerk. Aber auch als Maler revolutionierte er alles bisher Dagewesene: Er malte die Mona Lisa nach und verpasste ihr einen Schnurrbart. Sein "Akt, eine Treppe hinabsteigend" verwandelt die Frau in eine Maschine in Bewegung.
Kurt Schwitters
In Hannover wurde Kurt Schwitters (1887-1948) zum Solo-Dada-Star: Er erfand seine eigene Kunstrichtung "Merz". Das Wort ist, was übrig blieb bei einer Montage aus "Privat- und Commerzbank". Fortan schuf er Merzbauten: höhlenartige Verhaue aus Holz, Gips und Farbe. Oder er schuf eine Merzrevue, in der er seine Gedichte "Anna Blume" oder die "Sonate in Urlauten" veröffentlichte.
Francis Picabia
Der französische Avantgarde-Künstler Francis Picabia (1879-1953) war ein Stil- und Methodenspringer. Er begann als Impressionist, wechselte zum Kubismus, landete schließlich beim Dadaismus und dann beim Surrealismus. Seine Malerei steckt voller Anspielungen auf Träume und unterdrückte Triebe, so wie auch in dem Werk "Dresseur d'Animaux" (1923).
Max Ernst
In Köln trieb Max Ernst (1891-1978) als "Dadamax" seinen Unfug. Er experimentierte mit neuen Techniken und holte banale Dinge in seine Werke: Hammer, Holz, Schraubenzieher. Solche Bilder trugen Titel, wie "Frucht einer langen Erfahrung". Auch verarbeitete er seine Kriegserfahrungen, indem er Projektile, Bomben und Fliegercockpits aus illustrierten Frontberichten in seine Kunstwerke integrierte.
Man Ray
Der Amerikaner Man Ray (1890-1976) zählt zu den wichtigsten Vertretern des Dadaismus, wobei der Übergang zum Surrealismus bei ihm fließend ist. Auch er schuf absurde Allianzen in seinen Werken: Überdimensionale Tränen fließen von Gesichtern, Notenschlüssel legen sich auf die geschwungenen Hüften einer rätselhaften Schönen. Berühmt wurde er auch durch seine Porträts von Avantgarde-Kollegen.
Sophie Taeuber-Arp
Zeitweilig liebte sie das Tanzen mehr als das Kunstmachen. Bei ihren Auftritten im "Cabaret Voltaire" stand Taeuber (1889-1943) maskiert auf der Bühne. Ihre Gemälde sind voller strenger geometrischer Formen. Kreise, Quadrate, Rechtecke brachte sie in heiteren Farben zum Strahlen. Provokativ war ihre Kunst nicht. Im Kreise der Dadaisten lernte sie ihren späteren Ehemann Hans Arp kennen.
Hans Arp
Auch der deutsch-französische Künstler Hans Arp (1886 - 1966) war in mehreren Disziplinen aktiv: Er malte, schuf Skulpturen und schrieb Gedichte. Seine Werke bestehen aus Collagen und Holzschnitten. Häufig arbeitete er mit seiner Frau zusammen. Dahinter steckte das Konzept, eine unpersönliche Kunst zu schaffen, die nicht nur einen Urheber hat. In Köln arbeitet er mit Max Ernst zusammen.
André Breton
Der Autor des surrealistischen Manifests, André Breton (1896-1966), lernte in Paris Tristan Tzara kennen. Der Rumäne war so etwas wie der Dada-Propagandist. Gemeinsam luden sie zu Dada-Aktionen ein. Breton publizierte Texte von Dadaisten in dem Magazin "Littérature". Allmählich fand die Bewegung in Paris immer mehr Anhänger. Doch als Breton zu dominant wurde, spaltete sich die Dadaisten-Gruppe.