Planen für eine Zeit nach dem IS
27. Mai 2016In der Sprache der internationalen Diplomatie geht es beim Treffen der Vertreter der Anti-IS-Koalition in Berlin um die Stabilisierung des Irak. Anders ausgedrückt: Um den Wiederaufbau der zerbombten Schulen und zerstörten Krankenhäuser in den Gebieten, in denen der selbsternannte Islamische Staat gewütet und gemordet hat, aber auch darum, die Verwaltung und Polizei wiederaufzubauen, Journalisten auszubilden, Menschen zu versöhnen und die vielen Minen, die die Terrormilizen hinterlassen haben, zu finden und zu entschärfen. Es geht also darum, das Leben im Irak nach dem Albtraum des IS wiederherzustellen.
Und es bleibt, so Joachim Rücker am Freitag in Berlin, noch "viel zu tun". Der deutsche Diplomat ist Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Arbeitsgruppe der internationalen Anti-IS-Koalition, die unter dem Vorsitz von Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten für die Stabilisierung zuständig ist. Seit ihrer Gründung im März 2015 trifft sich die Gruppe von Vertretern von 26 Staaten sowie Vertretern von internationalen Organisationen an diesem Freitag bereits zum fünften Mal, um für Gebiete, aus denen der IS vertrieben werden kann, schnell den Wiederaufbau einzuleiten und zu koordinieren.
UN: IS massakriert Menschen in Falludscha
Ein Schwerpunkt des eintägigen Treffens ist nach Angaben des Diplomaten diesmal Falludscha: Die irakische Armee hatte am Montag eine Offensive zur Rückeroberung der strategisch wichtigen Stadt westlich von Bagdad eingeleitet, die sich seit Januar 2014 unter der Kontrolle des IS befindet und seit sechs Monaten von irakischen Einheiten belagert wird. Nach Angaben von Hilfsorganisationen befinden sich noch rund 50.000 Menschen in der heftig umkämpften Stadt - Trinkwasser, Treibstoff und Strom sind demnach knapp.
Außerdem soll der IS nach Angaben der UN die Zahl der Hinrichtungen in Falludscha "dramatisch" erhöht haben. Nach Angaben von Menschen, die fliehen konnten, exekutierten die Terroristen Männer und auch Jungen, die nicht mit ihnen gegen die irakischen Truppen kämpfen wollten, erklärte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Freitag in Genf. Außerdem sollen Zivilisten, die versucht hätten zu fliehen - darunter auch Frauen und Kinder - hingerichtet worden sein.
Die Offensive der irakischen Armee werde möglicherweise zu einem "dramatischen" Anstieg der Zahl der Binnenflüchtlinge führen, erklärte Rücker. Schon jetzt gebe es im Irak mehr als 3,3 Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten.
Trotzdem gibt es auch positive Nachrichten: Der IS im Irak sei deutlich geschwächt, mehr als 600.000 Menschen hätten dank internationaler Stabilisierungsmaßnahmen bereits in ihre Heimatorte zurückkehren können, so Rücker. Aber: "Es liegt noch viel Arbeit vor uns."