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Effiziente Gebäude sind rentabel

8. November 2014

Passivhäuser sind Wegweiser der effizienten Architektur. Pionier Wolfgang Feist will weltweit die effiziente und rentable Bauweise etablieren.

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Passivhäuser (Foto: Kimmo Lylykangas Architects)
Bild: Kimmo Lylykangas Architects

Deutsche Welle: Herr Feist, Sie sind Pionier für sehr effiziente Bautechnik und haben diese weltweit verbreitet. Die Passivhäuser benötigen im Vergleich zu den bestehenden Gebäuden nur noch ein Zehntel der Energie. Was sind die Hauptkomponenten?

Wolfgang Feist: Wichtig sind eine gute Dämmung der Fassade und die Optimierung der Fenster. In den heißen Gebieten der Welt sollte möglichst wenig Sonnenenergie, in kalten Gebieten dagegen möglichst viel Sonnenenergie in den Raum eindringen.

Die dritte Komponente ist die Wärmerückgewinnung. Die verbrauchte Luft aus dem Gebäude kann in einem Wärmetauscher die Frischluft erwärmen. Moderne Geräte holen bis zu 90 Prozent der Wärme aus der verbrauchten Luft zurück. Die Aufgabe des Architekten ist die passende Koordinierung dieser Komponenten, und so kann der Verbrauch um 90 Prozent gegenüber den üblichen Gebäuden gesenkt werden.

Etwas Energie brauchen die Passivhäuser aber noch für Wärme und Warmwasser und natürlich brauchen die Nutzer auch Strom. Inzwischen ist die Sonne der Hauptlieferant der Energie. Wohin geht die Entwicklung?

Professor Wolfgang Feist (Foto: DW)
Pionier Feist fordert mehr Effizienz. Ohne zusätzliche Maßnahmen wird sich bis 2050 der Energiebedarf für Gebäude weltweit verdoppelnBild: DW/G. Rueter

Auf der internationalen Passivhaustagung in Aachen, im April 2014, stellten wir eine neue Methode für die ökologische Gesamtbewertung vor. Es gibt zum Beispiel den Begriff vom "Netto Null Energiehaus". Im Sommer erzeugen diese Häuser sehr viel Solarenergie, andererseits wird im Winter wieder Energie verbraucht. Hier brauchen wir ein Konzept für Langzeitspeicher. Das macht man zweckmäßigerweise über das Stromnetz. Hier steht viel Arbeit an, damit es für alle Menschen auf dem Globus funktioniert.

Wie soll die Energie langfristig gespeichert werden?

Mit Strom kann man Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Wasserstoff ist ein sehr geeigneter Energieträger, den man auch noch in Methan überführen kann. Dieses Methan können wir in großen Erdgasspeichern speichern, die es heute schon gibt. Aus dem Methan kann man dann im Winter wieder Strom und Wärme erzeugen. In 30, 40 Jahren werden wir das Konzept überall auf der Welt realisiert haben.

Infografik Methangas aus Wind- und Sonnenstrom (Grafik: DW)

Die Passivhäuser sparen viel Energie, die Baukosten sind aber höher. Wann haben sich die Mehrkosten amortisiert?

Ein Mehrfamilienwohnhaus als Passivhaus kostet in der Anschaffung fünf bis sechs Prozent mehr. Damit ist es von Anfang an rentabel. Die Zinsen und die Tilgung für den zusätzlichen Kredit sind geringer als die Kosten, die sonst noch für Energie gezahlt werden. Folglich rechnet sich die Energieeinspartechnik bereits heute und ist gegenüber erneuerbaren Energien, Öl und Gas wirtschaftlich. Man kann jedem Bauherren nur raten, die entsprechend energieeffizienten Komponenten zu verwenden.

Aber warum tun das dann nicht alle Bauherren?

Nicht alle Architekten und Planer sind in ausreichenden Maßen informiert. Deswegen bieten wir auch Weiterbildung in diesen Bereich an. Andererseits ist es auch so, dass zahlreiche Investoren so billig wie möglich bauen, weil die Energiekosten später jemand anderes zahlt.

Sie waren gerade in China. Wie sehen Sie dort die Entwicklung?

Für einen Menschen, der ganz vorne an der Entwicklungslinie steht, ist es natürlich nie genug, was da gemacht wird. Ich denke aber, dass es uns in China gelingen wird, eine Reihe von Architekten und Ingenieuren so auszubilden, dass sie in der Lage sind, wirklich energieeffiziente Gebäude zu bauen.

Wir hoffen auch, dass wir eine Reihe von Produzenten gewinnen können, die diese energieeffizienten Systeme herstellen, also die Fenster, Wärmedämm-Materialien, Materialien für die Lüftung und für die Wärmerückgewinnung. Dann haben wir noch eine Chance diesen Energieverbrauchsanstieg, der sonst dramatisch wäre, abfangen zu können, sodass die Welt insgesamt nicht so sehr unter dem zusätzlichen CO2 leiden muss.

Prof. Dr. Feist und Architekt Rongen mit Vertretern der Firma Sayyas (Foto: DW)
Prof. Dr. Feist und Architekt Rongen mit Vertretern der Firma Sayyas, die in China Fenster im Passivhausstandard bautBild: Benjamin Wünsch

Sind die Gesetze in China ausreichend?

Es gibt Gesetze. Allerdings ist die chinesische Regierung vorsichtig. Sie will ihre Bürger nicht verschrecken. Deswegen sind die gesetzlichen Anforderungen bei Weitem nicht ausreichend.

Die Regierung will jetzt allerdings energieeffizientes Bauen attraktiv machen und orientiert sich an den Erfahrungen in Deutschland. Hier hat man ein Förderprogramm für energieeffizientes Bauen, das sehr wirksam war. Dies empfehlen wir allen Ländern. Es kostet nicht viel Geld, kann aber die Bauherren, Architekten und Hersteller von Bauprodukten motivieren. Und genau das wird hoffentlich in den nächsten Jahren auch in China passierenWas sind die wichtigsten Schritte für Regierungen, damit effiziente Gebäude sich durchsetzen?

Am Anfang steht immer das Demonstrationsgebäude. Es zeigt, dass so ein Passivhaus auch in der jeweiligen Region funktioniert. Im vergangenen Jahr haben wir weltweit untersucht, wie solche Passivhäuser aussehen müssen, wenn man sie beispielsweise in Indonesien, Mexiko oder Alaska bauen möchte. Der zweite Schritt ist die Information. Die Bauherren, aber auch die Architekten, Ingenieure und Hersteller von Bauprodukten müssen erst einmal wissen, dass es so etwas gibt und wie das geht. Dann kann die weitere Umsetzung mit Hilfe von Anreizprogrammen erfolgen. Ganz zum Schluss stehen dann die gesetzlichen Vorgaben.

In Europa entstanden die ersten Passivhäuser vor über 20 Jahren. Heute gibt es mehrere zehntausend, sie werden zunehmend zum Mainstream. Wie geht es hier weiter?

Die EU-Kommission hat die Mitgliedsländer aufgefordert, entsprechende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, dass ab dem Jahr 2019 das sogenannte Nearly Zero-Energy Building verbindlicher Standard im Neubau sein muss. Entsprechend müssen jetzt nationale Gesetze folgen. Und entsprechend möchte man, dass bei einer Sanierung die verbesserten Komponenten verwendet werden. Damit wird der Energieverbrauch in den Gebäuden in 30 bis 40 Jahren im Vergleich zu heute halbiert.

Der Gebäudesektor ist für über 30 Prozent der Treibhaugase weltweit verantwortlich. Der Weltklimarat mahnt zur Eile. Sind sie optimistisch, dass alles schon seinen Weg geht?

Ich habe gelernt, dass nichts von selbst geht. Man muss aufklären, die Wissenschaft muss sich sehr stark einmischen und den Politikern Mut machen, den richtigen Weg zu gehen. Man muss die Bevölkerung aufklären, dass der Weg zu mehr Wohlstand und besserem Komfort führt. Nur wenn jemand da ist, der sich darum auch kümmert, kann das gelingen. Es gibt immer noch sehr viele, die am liebsten noch mehr Kohle oder Erdgas fördern wollen. Diese Kräfte sind sehr stark, sie wollen einfach so weitermachen. Die wirklichen Auswirkungen des Klimawandels bekommen wir in dramatischer Form erst in zehn oder 20 Jahren zu spüren. Dann ist es allerdings schon ein bisschen spät für vernünftige Maßnahmen.

Professor Dr. Wolfgang Feist ist Pionier des Passivhaus-Energiestandards. 1996 gründete er das Passivhaus Institut in Darmstadt. Das Institut forscht im Bereich der Energieeffizienz von Gebäuden, bewertet und zertifiziert Bauteile und Gebäude, ist in der Fortbildung aktiv und organisiert die internationale Passivhaustagung. Sie gilt weltweit als wichtigster Kongress für effizientes Bauen und Modernisieren. Feist ist Physiker und Architekt und lehrt Bauphysik und Gebäudetechnik an der Universität Innsbruck.

Das Interview führte Gero Rueter.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion