Pierre Brice oder Nik Xhelilaj?
Kann der neue Häuptling der Apachen, der Albaner Nik Xhelilaj, dem "Winnetou-Denkmal" Pierre Brice Konkurrenz machen? Niko Fischer hat den Kult-Faktor der beiden Bewerber gecheckt - hier sein ganz subjektives Ergebnis.
Wer zum Teufel ist Winnetou?
Eines haben beide schon mal gemeinsam: Winnetou war für sie weder der große Held noch ein strahlendes Vorbild. Bevor Pierre Brice und Nik Xhelilaj zum Apachenhäuptling wurden, hatten sie von Winnetou oder Karl May noch nie etwas gehört. Brice fiel zufällig einem Produzenten bei der Berlinale auf, Xhelilaj bewarb sich bei einem Casting. Schauen wir doch mal, wie das "Duell" der beiden ausgeht...
Check 1: Charme und Ausstrahlung
Die edlen Züge und den weisen Blick Winnetous scheint Xhelilaj auf jeden Fall schon mal zu haben. Trotzdem kann man den neuen Apachenhäuptling natürlich sehr schwer danach bewerten – die Dreharbeiten haben ja gerade erst begonnen, und außer einigen Set-Photos und Reit-Aufnahmen gibt es noch nicht viel zu sehen. Diese Wertung läuft also außer Konkurrenz…
Eine Ikone
Wobei die Vermutung erlaubt sein möge: Wie soll er die "bronzene" Aura des Franzosen übertrumpfen? Schauspielerisch war das zwar nicht immer oscarreif, was Pierre Brice auf die Leinwand brachte - trotzdem prägte er das Bild "des" Indianers in Deutschland wie kein Zweiter. Diese Leistung wird bleiben - und kann von niemandem angetastet werden. Kommando zurück: Brice bekommt den Punkt doch. Howgh!
Check 2: Athletik und Körperbau
Man sieht es auf den ersten Blick: In dieser Disziplin kann Xhelilaj punkten. Wow… ähm, ich wollte sagen: Howgh! Der neue Winnetou wird wahrscheinlich bedeutend häufiger oben ohne zu sehen sein als Pierre Brice. Nichts gegen dessen Oberkörper – Manitou bewahre! – doch der gute Nik bringt es auf ein paar mehr ausgeprägte Bauchmuskeln an seinem Rothaut-Sixpack.
So kennen wir ihn
Brice war meistens in seinem beige-blau-weiß-roten Winnetou-Dress zu sehen. Kein Witz: Als Kind hatte ich sogar einen Schlafanzug in genau diesem Muster. Die Nationalfarben Frankreichs auf dem Outfit eines französischen Schauspielers. Alles nur Zufall? Wir werden sehen… das Rot der albanischen Flagge würde auch gut zu einer Rothaut passen. Punkt für Nik.
Check 3: Schauspielerisches Talent
Auf der 61. Berlinale 2011 bekam Xhelilaj den Shooting Star Award als einer von Europas vielversprechendsten Jungschauspielern. In "Der Albaner" hatte er überzeugend einen illegalen Einwanderer gespielt, der in Deutschland als Menschen-Schlepper arbeitet. Xhelilaj sieht gut aus - und weiß das auch. Er ist aber auch ein ernstzunehmender Charakter-Darsteller.
Nicht gerade oscarreif
Dass Brice in der TV-Katastrophe "Winnetous Rückkehr" (1998) seinen Mythos fast zerstört hat, verzeihe ich ihm nicht. Auch knapp 40 Jahre früher war das schauspielerisch nicht immer unantastbar, was er auf die Leinwand brachte. Der Bedeutung seiner Rollenfigur konnte das aber nichts anhaben. Muss ja nicht jeder John Wayne sein. Da wir Xhelilaj noch nicht gesehen haben: Unentschieden.
Check 4: Blutsbruder der "Alten Schmetterhand"
In "Winnetou 1" wird der Häuptling von Old Shatterhand niedergestreckt - einem deutschen "Greenhorn", das im Westen eine neue Eisenbahnstrecke vermessen soll: "Winnetou war betäubt. Ich hatte den Unbesieglichen besiegt." Aus dem erbitterten Todeskampf erwächst später eine lebenslange Männerfreundschaft. Dem kräftigen, braungebrannten Lex Barker nimmt man noch ab, dass er Pierre Brice besiegt...
Schlaksiger, aber nah am Buch
...dem neuen Old Shatterhand Wotan Wilke Möhring dürfte es dagegen eher schwerfallen, das Muskelpaket Xhelilaj ohne Hilfsmittel niederzustrecken - freilich basiert diese Einschätzung nur auf den ersten Eindrücken vom kroatischen Set und erhebt keinerlei Anspruch auf Gültigkeit. Möhrings Verkörperung des Shatterhands scheint - rein optisch - sogar näher dran zu sein an der Mayschen Buchvorlage.
Vorteile auf beiden Seiten
Pierre Brice wurde jahrelang synchronisiert. Xhelilaj lernt extra deutsch. Seine Haare sind zwar nicht echt, dafür kann er aber super reiten. Er hat bei den Dreharbeiten sogar seine Angst vor Pferden verloren, hat er uns im Interview erzählt. Am Ende lande ich bei einem Unentschieden – Nik verdient einfach eine Chance. Ob er ihr gerecht werden kann, erfahren wir leider erst Ende 2016.