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Phonoline soll's richten

Ali Akinci18. August 2003

Computerhersteller Apple hat es vorgemacht: Im Internet lässt sich mit Musik auch Geld verdienen. Universal, Sony, Warner, BMG und EMI haben jetzt ihr gemeinsames Online-Portal für kommerziellen Musiktausch vorgestellt.

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Vorbild: Erfolgsrezept Apple iTunesBild: AP

Rechtzeitig zur Musikmesse Popkomm in Köln hat sich die deutsche Musikindustrie nach langwierigen Verhandlungen auf eine gemeinsame Internet-Plattform geeinigt. Ab Herbst können Internetnutzer über die Plattform mit dem Namen "Phonoline" Musiktitel von nationalen und internationalen Künstlern gegen eine Gebühr aus dem Internet herunterladen, sagte der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft am Donnerstag (14.8.). Mit der Initiative will die Branche illegalen Online-Musiktauschbörsen begegnen, die Songs kostenlos zum Download anbieten und den Musikkonzernen und unabhängigen Labels das Geschäft kaputt machen.

Telekom betreut technische Plattform

Seit fast zwei Jahren arbeiteten die deutschen Musikfirmen wie BMG und edel music sowie die deutschen Töchter der internationalen Konzerne wie Universal oder EMI an diesem Projekt, das auch als Modell für die internationale Zusammenarbeit der Musikindustrie gedacht ist. An Differenzen über den technischen Dienstleister drohte Phonoline zuletzt zu scheitern. Nun einigten sich die Beteiligten auf die Deutsche Telekom.

Die Plattform wird dabei nicht auf einer eigenen Internetseite präsentiert, sondern in Auftritte zum Beispiel von RTL oder Viva integriert. "'Der Musikvertrieb im Internet wird einen steigenden Teil unserer zukünftigen Umsätze bilden. Das erfordert zwar enorme Anfangsinvestitionen, wir sind aber zuversichtlich, mit diesem attraktiven Angebot in den nächsten Jahren auch ökonomisch erfolgreich zu sein", erklärte Phonoverbands-Chef Gerd Gebhardt.

Apple macht es vor

Computerhersteller Apple kündigte vor wenigen Wochen an, bis zum Herbst wolle man den in den USA erfolgreichen "iTunes Music Store" auch in Europa auf den Markt bringen. Apple war mit großem Getöse im Mai 2003 in den Musikmarkt eingestiegen. Zwar nahm der anfängliche Erfolg von rund einer Million Downloads pro Woche merklich ab und liegt nun bei etwa 650.000 Downloads pro Woche, doch selbst das ist schon ein beachtlicher Erfolg. Die konkurrierenden Tauschplattformen sind schließlich kostenlos!

Steve Jobs Chef von Apple auf der Messe Macworld in San Francisco
Apple-Chef Steve JobsBild: AP

Die schwerwiegendsten Probleme ergeben sich jedoch aus den weitreichenden Nutzungs- und Brennrechten, die iTunes seinen Usern zugesteht. Die gelten zwar als Rezept des Erfolges, zugleich jedoch stellen sie ein Angstszenario dar: Konsensfähig sind in der Musikbranche bisher nur Modelle von Onlineshops, die ihre Downloads mit begrenzten Nutzungszeiten und - wenn überhaupt - minimalen Brennrechten versehen.

Apple rechnet nicht mehr damit, den Music Store vor 2004 in Europa eröffnen zu können. "In Europa", glaubt Apple-Vizechef Pascal Cagni, "sind die Bedingungen komplizierter als in den USA, weshalb unser System 'ein Preis für alles' nicht funktioniert. Die Major Labels haben hier selbst noch keinen Überblick über die bestehenden Vereinbarungen."

Offensive der Großen Fünf

Allem Anschein nach haben sich die Plattenbosse der fünf großen Labels in Deutschland letztendlich doch irgendwie geeinigt. Damit wird es aber auch langsam Zeit, sagen Experten. Schließlich geht es der Branche mehr schlecht als recht. Noch nie ist beispielsweise der CD-Absatz so stark eingebrochen wie im ersten Halbjahr 2003, heißt es in der Halbjahresbilanz des Phonoverbands. Um 17 Prozent liegen die Verkäufe unter denen des Vorjahres.

Trotz des vorsichtigen Optimismus in der krisengeschüttelten Musikbranche bleibt letztlich fraglich, ob man mit dem Projekt Phonoline wirklich den "Kampf" gegen Internet-Tauschbörsen gewinnen kann. Das Hickhack der letzten Jahre hat bei allen Beteiligten Spuren hinterlassen.