Olympia-Rückblick
26. Dezember 2008Michael Phelps bricht alle Rekorde
Die erste Woche der Olympischen Spiele von Peking bleibt vor allem durch einen Namen in Erinnerung: Michael Phelps. Der US-amerikanische Schwimmer überraschte mit einem neuen olympischen Rekord. Acht Mal gewann er Gold, eins mehr als sein legendärer Landsmann Mark Spitz 1972 in München. Mit dem abgelösten Rekordhalter aber will er sich nicht vergleichen. "Ich möchte der erste Michael Phelps sein und nicht der zweite Marc Spitz", betont Phelps, der sieben seiner acht Olympiasiege übrigens in neuer Weltrekordzeit holte. "Zum Schluss hat man schon gemerkt, wie jeder ihm das wirklich gegönnt hat. Weil er eben nicht arrogant ist, weil er keine Sprüche macht", hat Deutschlands einstige Vorzeigeschwimmerin Franziska van Almsick festgestellt.
Der schnellste Mann der Welt
Die zweite Woche in Peking stand im Zeichen der Leichtathletik und damit im Zeichen des Sprinters Usain Bolt aus Jamaika. Bolt holte dreimal Gold, über 100 Meter, 200 Meter und mit der 4x100 Meter Staffel. Und das jeweils in neuer Weltrekordzeit. Da kommen Fragen auf, nicht nur bei dem früh gescheiterten deutschen Sprinter Tobias Unger: "Es ist ja nichts Neues, dass sie da keine eigene Anti-Dopingagentur haben, und da wäre ich halt für ein bisschen mehr Gleichberechtigung." Michael Phelps und Usain Bolt, die Stars der Olympischen Spiele, wurden mehrfach auf verbotene Substanzen getestet, alle Tests verliefen negativ.
Als Sieger der Spiele dürfen sich auch die Gastgeber fühlen. China belegte mit 51 Goldmedaillen und insgesamt 100 Mal Edelmetall Platz eins im Medaillenspiegel vor den USA, die mit insgesamt 110 Medaillen allerdings die meisten Platzierungen auf dem Siegertreppchen holen konnten.
Zwei Deutsche mit Doppelgold
Auch das deutsche Olympia-Team hatte seine Helden. Vielseitigkeitsreiter Hinrich Romeike, vor den Spielen sicher nur Insidern bekannt, holte Gold im Einzel und mit der Mannschaft. Und Schwimmerin Britta Steffen – "Das ist ein Traum, ich kann es nicht fassen. Das ist jetzt wirklich wahr" - sicherte sich ebenfalls zwei Goldmedaillen. Der Doppelsieg von Britta Steffen konnte die eklatanten Schwächen der anderen Schwimmer aber nur mühsam überdecken. "Die Zeiten, das geht gar nicht. Das sind Welten, das ist einfach unerklärlich. Das liegt sicher nicht an den Athleten. Wenn sie schneller schwimmen könnten, dann würden sie es sicherlich gerne tun", zeigte sich auch Franziska van Almsick erschreckt von den Leistungen der Deutschen.
Leichtathleten auf dem Tiefpunkt
Schneller konnten die Deutschen aber nicht und waren damit auf einer Leistungsstufe mit den Athleten der zweiten olympischen Kernsportart, mit den Leichtathleten. Die mussten sich mit einer Bronzemedaille für Speerwerferin Christina Obergföll zufrieden geben und fuhren mit der schlechtesten Olympia-Bilanz seit über 100 Jahren nach Hause.
Die Schwimmer und Leichtathleten waren mit ihrer Enttäuschung nicht allein. Auch die erfolgsverwöhnten Springreiter blieben zum ersten Mal ohne Medaillen. Für alle deutschen Boxer kam das Aus bereits in der ersten Runde, und mit Ausnahme des deutschen Herren-Hockey-Teams, das Olympiasieger wurde, enttäuschten alle Ballsportarten.
Die olympischen Einzelkämpfer
So mussten Einzelkämpfer für die deutsche Olympia-Mannschaft die Kohlen aus dem Feuer holen. Degenfechterin Britta Heidemann - "Ich bin total fertig mit den Nerven, ich kann es noch nicht glauben" - wurde ihrer Favoritenrolle gerecht und holte Gold. Und für viele überraschend wurde Benjamin Kleibrink mit dem Florett Olympiasieger und war überwältigt: "Das ist einfach nur geil Olympiasieger zu sein, Wahnsinn." Nicht anders reagierten auch die anderen deutschen Olympiasieger, die sonst nur selten im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. "Ich hab es noch nicht realisiert. Vielleicht träume ich ja auch, also ich freue mich", gab sich Ole Bischoff nach Gold im Judo überglücklich. Das erste Gold für das deutsche Olympiateam holte Wildwasser-Kanute Alexander Grimm. "Ich muss erst mal drei Nächte darüber schlafen. Für mich unfassbar", waren seine ersten Sätze nach dem Sieg und die klangen genauso überrascht, wie die von Fünfkämpferin Lena Schöneborn: "Also ich bin völlig überwältigt, dass ich es wirklich geschafft habe. Überhaupt eine Medaille und dann auch noch Gold, das ist umwerfend."
Sieg für die verstorbene Frau
Emotional besonders beeindruckend war der Olympiasieg des Gewichthebers Mathias Steiner, der ein Jahr zuvor seine Frau Susann nach einem Unfall zu Grabe tragen musste und ihr die Goldmedaille widmete. "Da kommt alles wieder hoch, da dreht man durch. Mir wäre lieber gewesen, sie wäre hier gesessen und hätte das erlebt. Aber ich bin mir sicher, sie sieht es."
Vom Reck gefallen
Es gab Niederlagen, die keinen Platz für Enttäuschung boten. Die Tischtennis-Mannschaft der Männer holte mit ihrem Star Timo Boll Silber. "Das ist einfach unbeschreiblich." Und es gab Niederlagen, die richtig weh taten. Für Turner Fabian Hambüchen zählte nur Gold, am Ende musste er sich mit Bronze in seiner Paradedisziplin Reckturnen abfinden. "Also momentan ist da eigentlich mehr ein leeres Loch in meinem Kopf und in meinem Herzen. Alles ein bisschen schwierig und kompliziert", zog der Weltmeister bittere Olympiabilanz.
Die olympische Doping-Bilanz
Insgesamt 41 Medaillen holten die Deutschen, davon 16-mal Gold, das reichte für Platz fünf im Medaillenspiegel. Aber Grund zur Zufriedenheit kann das nicht sein. Seit 1992 in Barcelona geht die Medaillenausbeute kontinuierlich zurück, die schlimmsten Rückschläge mussten die Leichtathleten und Schwimmer hinnehmen. Das kann nicht allein an den strengen Dopingkontrollen in Deutschland liegen. Zumal das deutsche Team auch in Peking nicht von einem Dopingfall verschont geblieben ist. Cöster, das Pferd von Springreiter Christian Ahlmann, war mit einem verbotenen Medikament behandelt worden. War das nur ein Versehen, das keine Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit des Pferdes hatte, wie Ahlmann meint ? Da sind Fachleute anderer Ansicht. "Es reduziert die Schmerzen, es fördert die Durchblutung. Und dadurch, dass Sie die Schmerzen reduzieren, können Sie ein Pferd auf eine Leistungsgrenze heranbringen, die es mit Schmerzen nicht erreichen würde." erläutert Dopinganalytiker Mario Thevis die Wirkung des Medikaments.
Die Zahl der erkannten Dopingfälle war in Peking aber insgesamt unerwartet gering. Verstärkte Kontrollen vor den Spielen könnten dafür der Grund sein. "Mit dem Ergebnis, dass es im Vorfeld schon eine ganze Menge positiver Fälle gegeben hat. Dass eine große Anzahl von Athleten, etwa zwanzig, im Vorfeld schon gesperrt wurden und nicht zu den Spielen gefahren sind", glaubt der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes und Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees Thomas Bach.
Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass weitere Sportler überführt werden. Denn die Dopingproben können noch bis zum Jahr 2016 auf derzeit nicht nachweisbare Substanzen untersucht werden.