1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

CAS erlaubt Start von Kamila Walijewa

14. Februar 2022

Der Sportgerichtshof CAS entscheidet: Trotz eines bestehenden Dopingverdachts darf die 15-jährige Eiskunstläuferin Kamila Walijewa bei den Olympischen Spielen in Peking auch im Einzel antreten.

https://p.dw.com/p/46yGY
Eiskunstläuferin Kamila Walijewa bei einer Übung auf dem Eis
Die 15-jährige Kamila Walijewa steht nach ihrem positiven Dopingtest unter DruckBild: EVGENIA NOVOZHENINA/REUTERS

Ein erstes Urteil in der Doping-Affäre um die russische Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Kamila Walijewa ist gefällt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) scheiterte damit vor der Ad-hoc-Kammer des Internationalen Sportgerichts CAS mit dem Versuch, der 15-Jährigen wegen eines Dopingvergehens aus dem Dezember die Teilnahme am Einzel-Wettbewerb der Damen zu verwehren. Somit darf Walijewa ab Dienstag versuchen, bei den Olympischen Winterspielen in Peking ihre zweite Goldmedaille zu gewinnen, obwohl bei ihr ein positiver Dopingtest vorliegt.

Walijewa hatte das russische Team im Mannschaftswettbewerb zum Olympiasieg geführt. Erst danach wurde ein positiver Dopingtest vom 25. Dezember 2021 bekannt. Die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA, die seit dem Dopingskandal rund um die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 unter starker Beobachtung steht, sperrte die Athletin am 8. Februar. Dazu ist sie laut Anti-Doping-Statuten verpflichtet. Allerdings wurde die Sperre nach einem Einspruch am nächsten Tag wieder aufgehoben. Dagegen waren das Internationale Olympische Komitee, die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und der Internationale Eislaufverband ISU vorgegangen.

Herzmittel in einem Kinderkörper

Der CAS begründete seine Entscheidung im Eilverfahren nun mit dem Alter Walijewas, die als Minderjährige eine "geschützte Person" unter dem Code der WADA sei. Zudem sei es angesichts der unklaren Beweislage und der Verzögerungen bei der Auswertung des Dopingtests unfair, der Russin eine Teilnahme am Damen-Einzel zu verwehren.

Eiskunstläuferin Kamila Walijewa hält sich die Hände seitlich an den Kopf
Kamila Walijewa wurde 2020 Junioren-Weltmeisterin, 2022 gewann sie die EuropameisterschaftBild: ANNE-CHRISTINE POUJOULAT/AFP

Bei Walijewa war das verbotene Mittel Trimetazidin festgestellt worden, ein Herzmittel das man normalerweise älteren Menschen verabreicht, die an Angina pectoris, also einer Verengung der Herzkranzgefäße leiden. Es steigert die Durchblutung des Herzmuskels. Schon früher hatte es bei russischen Sportler - unter anderem der Tennisspielerin Maria Scharapowa - Dopingfälle mit dem Herzmittel Meldonium gegeben.

Medaillenvergabe verschoben

Das Russische Olympische Komitee (ROC) hält das Vorgehen des IOC für nicht rechtens. Der Dopingtest von Walijewa gilt laut ROC nicht für den Zeitraum der Winterspiele. Außerdem seien weitere Dopingproben von ihr bei der EM im Januar und in Peking negativ ausgefallen.  Auslöser des Wirbels war die Verschiebung der Medaillenzeremonie für die Eiskunstlauf-Teams - die USA und Japan hatten Silber und Bronze gewonnen. Die Vergabe ist bisher aber noch nicht erfolgt und wird wohl erst nach Ende der Spiele erfolgen können.

Für Russland geht es bei dem Streitfall um mehr als nur das Dopingvergehen im Eiskunstlauf. Das Land ist wegen organisierter Manipulationen und der Vertuschung von Sportbetrug wie schon bei den Sommerspielen in Tokio gesperrt. Die russischen Athleten dürfen nur als Vertretung des ROC antreten. Bei Siegerehrungen darf die russische Hymne nicht gespielt und die Flagge nicht gehisst werden. Ende des Jahres läuft ein zweijähriger Olympia-Bann aus.

Eine der vielen noch ungelösten Fragen ist, warum die Auswertung der Dopingprobe 45 Tage gedauert hat. Eigentlich sollte das laut WADA-Standard innerhalb von 20 Tagen passieren. Walijewas Probe war vom Anti-Doping-Labor in Stockholm analysiert worden, weil das russische Anti-Doping-Labor in Moskau nach wie vor nicht akkreditiert ist. Auf Nachfrage der DW erklärte James Fitzgerald von der WADA, dass "das Labor aus Gründen, die außerhalb seines Kontrollbereichs lagen, mit Verzögerungen zu kämpfen und sich deshalb auf Proben mit hoher Priorität konzentriert habe".

Die WADA kritisierte die russische Anti Doping-Agentur RUSADA, die die "Probe in diesem Fall nicht als Prioritätsprobe gekennzeichnet hatte." Somit hätte das Labor nicht gewusst, dass es die Analyse dieser Probe beschleunigen sollte. Zudem ist für die WADA die CAS-Entscheidung nicht nachvollziehbar: "Das CAS-Panel scheint beschlossen zu haben, die Bestimmungen des Codes nicht anzuwenden, die keine spezifischen Ausnahmen in Bezug auf obligatorische vorläufige Suspendierungen für 'geschützte Personen', einschließlich Minderjähriger, zulassen."

DOSB-Präsident Weikert für Sanktionen

Kurz nach dem Urteil gab es erste Reaktionen, auch aus dem deutschen Sport: DOSB-Präsident Thomas Weikert plädierte für differenziertere Sanktionen gegen den russischen Sport.

DOSB-Präsident Thomas Weikert
DOSB-Präsident Thomas WeikertBild: Marius Becker/dpa/picture alliance

"Zum einen wird deutlich, dass das Auslaufenlassen der Sperre gegen den russischen Sport zum Jahresende 2022 den Unterschieden zwischen den einzelnen Sportarten nicht ausreichend Rechnung trägt. Eine Einzelfallbetrachtung jeder Sportart wäre möglicherweise angemessener im Sinne eines konsequenten Anti-Doping-Kampfes", sagte Weikert.

Außerdem sei die Frage zu klären, welchen Sport man grundsätzlich haben wolle. "Der aktuelle Fall bestärkt uns in der Auffassung, dass jungen Athleten und Athletinnen Zeit gegeben werden muss - ein humaner Leistungssport darf nicht zu früh viel verlangen." Das "Urteil zu einer positiven A-Probe einer Minderjährigen" betreffe einen "besonderen Dopingfall".

"Systematische Missachtung sauberen Sports"

Dagegen hat das Olympische Komitee der USA mit großer Enttäuschung auf die Starterlaubnis für Walijewa reagiert. "Die Athleten haben das Recht zu wissen, dass sie unter fairen Bedingungen antreten. Leider ist dieses Recht heute versagt geblieben", sagte Geschäftsführerin Sarah Hirshland.

"Dies scheint ein weiteres Kapitel von Russlands systematischer und allgegenwärtiger Missachtung sauberen Sports zu sein", so Hirshland weiter. Man sei enttäuscht über die Botschaft, die der Richter-Entscheid sende. Der Fall sei aber noch nicht abgeschlossen. "Wir fordern alle in der olympischen Gemeinschaft auf, den Kampf für sauberen Sport im Sinne der Athleten in aller Welt fortzusetzen."

asz/sw (SID, dpa)