Das Sams
29. Juli 2010Martin Taschenbier hat eigentlich ein recht geruhsames, fast ein wenig eintöniges Leben. Er ist Junggeselle, lebt zur Untermiete bei Frau Rotkohl, hat ein gesichertes Einkommen durch eine nicht zu schwierige Büroarbeit und keine Kinder. Kurz gesagt: Er fällt nicht groß auf und kann sein schüchternes, zurückhaltendes Wesen ein wenig kultivieren. Das ändert sich schlagartig, als er eines schönen Samstages einem Wesen begegnet, das heute zu den weltweit bekanntesten Kinderbuchfiguren gehört: Dem Sams.
Wie sieht Herr Taschenbier wirklich aus?
Lange Zeit habe er alle Illustrationen zu seinen Büchern selbst gezeichnet, erzählt Paul Maar. "Ich kann ja nur wissen, wie meine Figuren aussehen. Ich habe sie ja erfunden. Die wohnen in meinem Kopf. Ich weiß genau, wie Herr Taschenbier auf seinem Stuhl vorne auf der Stuhlkante sitzt, ein bisschen unsicher, und dass er sich nicht in den Sessel lümmelt und so. Aber weiß das auch ein anderer?" Deswegen habe er auch Wert darauf gelegt, dass er die ersten 15 bis 20 Bücher selbst illustriere. Heute hat sich das ein wenig geändert, auch andere Kinderbuchillustratoren wie Verena Ballhaus, Ute Krause oder Reinhard Michel haben für die Bücher von Paul Maar gezeichnet.
Nichts bleibt, wie es war
Nach einer Woche, in der Herr Taschenbier am Montag Besuch von Herrn Mon bekam, er am Dienstag Dienst hatte, am Mittwoch die Mitte der Woche erreicht war, während es am Donnerstag donnerte und Herr Taschenbier am Freitag wiederum frei hatte, erschien am Samstag das Sams. Das sei in andere Sprachen gar nicht so leicht zu übersetzen, erklärt Paul Maar. "Im Japanischen haben die Wochentage sehr sprechende Namen, Feuertag, Wassertag, Goldtag, und da hat man einfach eine Entsprechung gefunden, ganz genial." Und so kann Herr Taschenbier auf Japanisch ganz adäquat sagen: "Komisch, am Wassertag gab’s Wasser, am Feuertag Feuer und am Goldtag Gold, und jetzt bin ich gespannt, was am Samstag kommt."
Mit einem Sams im Haus ändert sich vieles, denn mit einem solchen 'enfant terrible' an seiner Seite fällt Taschenbier überall auf. Im Kaufhaus spielt das Sams mit holländischen Käsekugeln Fußball und beißt ungefragt hinein, es bringt jeden Anzug zum Platzen, weshalb es bald einen Taucheranzug bekommt. Zu Hause bei Frau Rotkohl singt es ununterbrochen freche Lieder und bringt die Zimmerwirtin zur Weißglut. Auf dem Spielplatz isst das Sams Sand, und in der Schule spielt es den Lehrer.
Wunschpunkte als Abwehrzauber?
Herr Taschenbier ist im ersten Band der Sams-Reihe (insgesamt gibt es inzwischen sieben) meist damit beschäftigt, die blauen Wunschpunkte auf dem Körper des Sams dafür einzusetzen, dass das Sams etwas nicht tut. "Ich wünsche, dass Du aufhörst zu singen", ist etwa eine Formulierung, die sofort einen blauen Punkt zum Verschwinden bringt, das Sams aber auch von weiteren Gesängen abhält. Allerdings macht Herr Taschenbier auch einige Fehler, die durch unpräzises Wünschen entstehen. Trotzdem bringt das Sams ihn dazu, seine Schüchternheit ein wenig abzulegen und seiner recht herrischen Zimmerwirtin selbstbewusster entgegenzutreten. Die gegenseitigen Erziehungsversuche - Herr Taschenbier will dem Sams Manieren beibringen und das Sams seinem "Ziehvater" ein wenig mehr Courage - führen zu vielen spannenden und amüsanten Szenen, die Kinder im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren seit vielen Jahren begeistern.
Autorin: Katja Lückert
Redaktion: Gabriela Schaaf
Paul Maar: Eine Woche voller Samstage. Verlag Friedrich Oetinger. 160 Seiten. 9,90 Euro.