Lange: "Ich habe noch viel vor"
29. Dezember 2018DW: Patrick Lange, Sie sind zum Sportler des Jahres gewählt worden. Zuvor haben Sie den Bambi bekommen. Fühlen Sie sich auf diesen großen Bühnen wohl?
Patrick Lange: Man muss da wirklich reinwachsen. Für mich ist das natürlich Neuland. Ich bin ja erst seit drei Jahren Vollzeit-Triathlon-Profi und habe es zum Glück geschafft, mich in kurzer Zeit in der Spitze zu etablieren. Grundsätzlich ziehe ich da aber viel positive Energie raus.
Wie wertvoll war für Sie die erfolgreiche Titelverteidigung bei der Ironman-WM auf Hawaii?
Ich hatte über die Saison hinweg immer mit der Last des Weltmeisters zu kämpfen. Als Weltmeister muss man immer irgendwie gewinnen. Ich musste lernen, damit umzugehen. Ich habe auch immer gesagt, dass ich auf Hawaii meinen Titel verteidigen möchte. Das ist mir ja jetzt auch als erster Mensch unter acht Stunden hervorragend gelungen.
Diese Rekordzeit haben Sie vor allem dank Ihrer großen Stärke im Laufen geschafft. Was ist Ihr Geheimnis, dass Ihnen der Marathon scheinbar so leicht fällt?
Lauf-Ökonomie spielt für mich eine ganz große Rolle. Ich bin, glaube ich, der erste Triathlon-Profi, der gezielt mit einem Lauftechnik-Trainer zusammenarbeitet - jetzt schon über fast zehn Jahre hinweg. Wir haben uns die Afrikaner angeschaut. Die haben einen Laufstil, der völlig leise ist. Ein normaler Hobby-Läufer dagegen platscht mit seinen Füßen auf den Boden. So verpufft Energie. Die normalen Hobby-Läufer laufen wie ein Würfel über Ecken und Kanten mit vielen Widerständen, und wer schnell laufen will, sollte lieber wie ein Ball laufen. Rund und ohne möglichst Energie zu verschwenden.
Was ist Ihnen eigentlich noch in Erinnerung von den knapp acht Stunden Ironman auf Hawaii?
Ich hab da viele Eindrücke gesammelt. Wenn man ein Rennen gewonnen hat und sich seinen Traum erfüllt, ist alles sehr positiv überlagert. Aber es war natürlich eine emotionale Achterbahnfahrt für mich. Ich konnte beispielsweise meine Leistung im Schwimmen nicht abrufen. Hier habe ich mehr Zeit verloren als geplant. Danach habe ich mir dann gesagt, dass ich das Rennen im Kopf neu starten muss. Das hat geholfen. Beim Radfahren habe ich dadurch eine meiner besten Leistungen überhaupt gezeigt, und beim Laufen ist es mir letztlich gelungen, die sechs Minuten Rückstand, die ich auf die Spitze hatte, relativ schnell zu egalisieren.
Als Krönung machten Sie Ihrer Freundin Julia auch noch einen Heiratsantrag. Welchen Stellenwert hat dieser Moment für Sie?
Mit diesem Gedanken habe ich mich im Training mehrere Monate sehr stark motiviert. Ich habe da viel Energie rausgezogen. Dass dieser Moment, wie man ihn sich vorgestellt hat, dann auch eintritt, ist sehr emotional und einfach auch unbeschreiblich. Das werde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen. Meine Verlobte sicherlich auch nicht. Es war für uns eigentlich sogar das Größte an diesem Tag.
Wie schwer ist es, sich nach der erfolgreichen Titelverteidigung jetzt noch für weitere Spitzenleistungen zu motivieren?
Nach der Erfüllung meines Lebenstraums ist es jetzt natürlich so, dass ich mir überlegen muss, wie es weitergeht. Nico Rosberg zum Beispiel hat ja nach dem Gewinn der Formel-1-WM aufgehört, weil er alles erreicht hat. Dieses Gefühl habe ich allerdings noch lange nicht. Ich respektiere es, wenn jemand nach seinem Höhepunkt abtritt. Aber ich habe noch viel vor. Ich kann noch viel erreichen im Triathlon, und ich denke, dass ich gerade im Rennen auf Hawaii, das mir offensichtlich gut liegt, noch den ein oder anderen Erfolg hinzufügen kann. Vielleicht schaffe ich es dann irgendwann in die Riege der ganz großen Triathleten.
Wie sehr schwirrt denn jetzt der Begriff "Hawaii-Hattrick" in Ihrem Kopf herum?
Damit werde ich natürlich zwangsläufig oft konfrontiert. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich das nicht motiviert.
Patrick Lange, geboren am 25. August 1986, ist ein deutscher Triathlet und zweimaliger Sieger des Ironman auf Hawaii (2017, 2018). Er ist der erste Teilnehmer, der den anspruchsvollen Wettbewerb in einer Zeit von unter acht Stunden absolvierte.
Das Interview führte Florian Zschiedrich