Parlamentswahl in Lettland im Zeichen des Ukraine-Krieges
1. Oktober 2022Gut 1,5 Millionen Wahlberechtigte sind in dem baltischen EU- und NATO-Land aufgerufen, über die 100 Sitze in der Volksvertretung Saeima in Riga abzustimmen. Der Politologe Marcis Krastins geht davon aus, dass der russische Einmarsch in der Ukraine dem Regierungschef Krisjanis Karins hilft, Wähler anzusprechen. In solchen Zeiten steige die Popularität der Regierung. Karins werde "wahrscheinlich" gewinnen - es hänge davon ab, wie viele kleinere Parteien den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde ins Parlament schaffen, die den Regierungschef unterstützen. Karins leitet derzeit ein Vier-Parteien-Bündnis. Umfragen zufolge müssen sich die Populisten, die Konservativen und die sozialdemokratische Partei Harmonie auf Verluste einstellen.
Zentrale Wahlkampfthemen in Lettland mit rund 1,8 Millionen Einwohnern waren der Krieg in der Ukraine, die hohen Lebenshaltungskosten und der Wunsch nach einer Energieunabhängigkeit von Russland. "Die Wähler suchen nach einer fähigen Führungspersönlichkeit, die in der Lage ist, diese Probleme zu lösen", ergänzt Krastins.
Furcht vor russischer Landnahme
Ähnlich wie in Litauen, Estland und Polen befürchten viele Menschen in Lettland angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine, dass auch ihr Land trotz Mitgliedschaft in EU und NATO angegriffen werden könnte. Die amtierende Regierung hat die ukrainische Regierung unterstützt, die Ausgaben für Verteidigung erhöht und sich für mehr Sicherheit bei der Energieversorgung eingesetzt.
Beobachter gehen davon aus, dass das neue Parlament angesichts des möglichen Einzugs von mehreren kleinen Parteien zersplittert sein wird. In Umfragen lag Karins' Partei Neue Einheit an der Spitze, eine Befragung sah sie bei 13,3 Prozent der Stimmen. Die sozialdemokratische Harmonie, die bei den Wahlen im Jahr 2018 noch 20 Prozent schaffte, erreichte jüngst nur 5,1 Prozent in einer Umfrage und müsste demnach um den Einzug ins Parlament bangen. Ihre Kernwähler gehören zur starken russischsprachigen Minderheit, die etwa 30 Prozent der Bevölkerung stellt.
Die Sozialdemokraten lagen in den vergangenen zehn Jahren bei Wahlen auf dem ersten Platz, fanden aber nie genug Partner zum Regieren. Zuletzt war die pro-russische Partei mit Korruptionsskandalen konfrontiert. Harmonie hatte Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zwar verurteilt. Beim Vorwurf möglicher Menschenrechtsverletzungen durch Moskaus Truppen blieb die Partei jedoch zurückhaltend.
kle/wa (afp, dpa)