Der Papst besucht Zypern und Griechenland
2. Dezember 2021In zwei Wochen wird er 85 Jahre alt. Und doch ist Papst Franziskus wieder unterwegs als Mahnender, Seelsorger, Pilger. Nun besucht das katholische Kirchenoberhaupt bis Samstag Zypern und dann bis Montag Griechenland. Und auf beiden Etappen trifft er Migranten und wendet sich an sie. So fliegt er am Sonntag für einen gut zweistündigen Besuch eigens auf die Insel Lesbos, auf der er im April 2016 ein erstes Mal bei einer Tagesreise zu Gast war (siehe Titelbild). Das war jener Herbst, in dem viele tausend Menschen über dieses Eiland weiter nach Europa wollten. Franziskus drängte wohl selbst auf diese erneute Visite auf Lesbos.
Vor gut 20 Jahren, im Mai 2001, besuchte zum bislang letzten Mal ein katholischer Papst Athen. Als Johannes Paul II. in die griechische Hauptstadt kam, gab es diverse Proteste hunderter griechisch-orthodoxer Mönche gegen den Besuch. West- und Ostchristen sind seit 1054 offiziell (und lange verfeindet) getrennt.
Der Athener Erzbischof Theodore Kodidis sagte nun der Nachrichtenagentur AFP, die Tatsache, dass die meisten Seiten den Besuch akzeptiert hätten, sei ein "Zeichen der Hoffnung und des Fortschritts".
Inner-orthodoxe Spannungen
Die Päpste von Rom, Franziskus noch mehr als seine Vorgänger, haben seit langem intensiven und durchaus freundschaftlichen Kontakt zum seit 1991 amtierenden griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomaios (81), der in Istanbul residiert.
Heutzutage hat indes auch eine inner-orthodoxe Problemlage Bedeutung. Bartholomaios hat rechtlich die Hoheit über die komplette Orthodoxie – aber nicht über den größten Teil Griechenlands, für die Kodidis Kollege, der Athener Erzbischof, Hieronymus zuständig ist. Das Verhältnis der beiden geistlichen Herren sei "interessant und immer mal wieder mit Spannungen aufgeladen", sagt der an der Universität Bonn lehrende Politikwissenschaftler Lazaros Miliopoulos, zu dessen thematischen Schwerpunkten das Verhältnis von Politik und Religion zählt, der Deutschen Welle.
Ermutigung zum Dialog
Gelegentlich, erläutert der Wissenschaftler, gebe es den Vorwurf, das Ökumenische Patriarchat in Istanbul sei "zu offen" gegenüber den Katholiken. Und wenn Hieronymus nun Franziskus in seiner Residenz empfange, habe er im Vorfeld verlauten lassen, dass er das "nur inoffiziell" tue. Beide begegnen einander während der Tage in Athen zumindest drei Mal. Aber solche traditionellen Spannungen ist Franziskus schon aus anderen orthodoxen Ländern gewohnt. Und auch in Griechenland erwarten Beobachter Ermutigungen zum Dialog und zum christlichen Miteinander.
Griechenland gilt gemeinhin als eines der am stärksten religiös geprägten Länder Europas. Studien bestätigen das. Rund 90 Prozent der Griechen gehören der orthodoxen Kirche an. "Auch in sozialer, politischer und kultureller Hinsicht gibt es eine starke Präsenz des Christentums", sagt Miliopoulos der DW. Diese hohe Gläubigkeit gehe indes einher mit "so etwas wie einer politischen Religiosität", die nationale Identität und Religion bewusst verbinde.
Solidarität in Europa
Als politisches Thema wird der Papst in Athen gewiss auf die Bedeutung Europas zu sprechen kommen. Spätestens seit seinem Besuch in Straßburg im November 2014 mit Reden im Europaparlament und im Europarat ist die Sorge Franziskus um den Kontinent bekannt. Die Frage der innereuropäischen Solidarität sei sicher ein Aspekt, der die Griechen und den Gast aus Rom miteinander verbinde, sagt Politikwissenschaftler Miliopoulos.
In der Finanzkrise vor knapp zehn Jahren hätten die Griechen mehr Solidarität gebraucht. Dem entspreche die Betonung von Respekt und Dialog in Europa, die Franziskus im Europarat 2014 mit seinem Nachdenken über das Gesicht Europas im "multikulturellen, multipolaren Umfeld" gezeigt habe. Es gehe – auch in Griechenland – um die Wiederentdeckung des historischen Erbes und der geistigen Wurzeln Europas.
Flüchtlinge aus dem Nahen Osten
Aber zu den wiederkehrenden Mahnungen dieses Papstes an Europa gehört auch die Aufforderung zur Offenheit und zu einem menschlichen Umgang mit Flüchtlingen. Sie ist eines der Kernelemente seines nun gut achteinhalbjährigen Pontifikats. Sowohl in Nikosia im griechischen Teil Zyperns als auch auf Lesbos trifft Franziskus Flüchtlinge und Migranten. Und keineswegs, darauf verweist Miliopoulos, seien dies nur Muslime. Nach seinen Angaben leben derzeit bis zu 250.000 Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, die zur katholischen Kirche zählen, in Griechenland.
Klar ist bereits, dass der Vatikan einige Flüchtlinge aus Zypern nach Rom mitnehmen will - ähnlich wie 2016 aus Lesbos. Die genaue Zahl ist noch offen. Einige Berichte sprechen von bis zu 50 Menschen. Erst vor wenigen Tagen hatte der Papst mit Blick auf Belarus den Missbrauch von Migranten als Objekte politischen Gefeilsches kritisiert und sie als „Bauern auf dem Schachbrett" bezeichnet.