Papst sieht Erzbistum Köln auf die Finger
28. Mai 2021In einem ungewöhnlichen Schritt hat Papst Franziskus eine Apostolische Visitation, also eine offizielle Überprüfung, für das Erzbistum Köln angeordnet. Wie die Nuntiatur in Berlin mitteilte, wurden Kardinal Anders Arborelius aus Schweden und der Bischof von Rotterdam, Johannes van den Hende, zu Visitatoren ernannt.
Sie sollen sich in der ersten Junihälfte "am Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum Köln verschaffen". Außerdem sollen sie untersuchen, ob der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und die Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff Fehler gemacht haben im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs. Heße war früher Personalchef in Köln.
"Persönliche Konsequenzen" verlangt
Woelki erklärte in einer ersten Reaktion, er begrüße die Entscheidung aus Rom. Der Kardinal hatte das Oberhaupt der katholischen Kirche im Dezember gebeten, zu prüfen, ob er als Kölner Erzbischof eine Pflichtverletzung nach dem Kirchenrecht begangen habe. Auch Laienvertreter vom Kölner Katholikenausschuss und die Protest-Initiative Maria 2.0 im Rheinland hatten an Franziskus appelliert und unter anderem eine Visitationsreise eines Vatikanvertreters angeregt.
Das Erzbistum Köln befindet sich seit Monaten in einer tiefen Vertrauenskrise, die sich in einer Welle von Kirchenaustritten spiegelt. Auf großen Widerstand stieß, dass Woelki eine von ihm selbst in Auftrag gegebene Untersuchung über den Umgang mit Missbrauchsvorwürfen zurückhielt. Dafür führte er rechtliche Bedenken an.
Ein neues Gutachten, das im März veröffentlicht wurde, sprach Woelki von Pflichtverletzungen frei, während es Erzbischof Heße belastete, der daraufhin seinen Rücktritt anbot. Nach weiteren Vorwürfen gegen Woelki hatten zuletzt 14 der 15 Kreis- und Stadtdechanten "persönliche Konsequenzen" verlangt.
Der Mitte März veröffentlichte Gercke-Report weist hohen Amtsträgern im Erzbistum Köln - darunter ehemalige Generalvikare und Erzbischöfe - mindestens 75 Pflichtverletzungen zwischen 1975 und 2018 nach. Demnach sind die Würdenträger Verdachtsfällen nicht nachgegangen und haben sich nicht um die Betroffenen gekümmert.
jj/wa (dpa, kna)