Diplomatischer Drahtseilakt
23. April 2015Nicht mal ein Monat ist vergangen, seit Pakistans Premierminister Nawaz Sharif zuletzt in Saudi Arabien war. Trotzdem reiste er am Donnerstag (23.04.2015) erneut nach Riad, begleitet von Militärchef Raheel Sharif und weiteren hochrangigen militärischen und zivilen Führern. Zweck der Reise ist nach Berichten der pakistanischen Zeitung "Dawn" unter Berufung auf Regierungskreise: der saudischen Führung versichern, dass die Regierung in Islamabad fest an der Seite des Königreichs steht.
Denn Saudi Arabien ist nicht besonders glücklich darüber, dass sich Pakistan nicht der Koalition gegen die jemenitischen Huthi-Rebellen angeschlossen hat. Die schiitischen Huthis haben - unterstützt durch den saudischen Rivalen Iran - große Gebiete im Jemen erobert. Das beunruhigt Saudi Arabien sehr: Man fürchtet einen möglichen Aufstand der Schiiten auch im eigenen Land, und dass der Rivale Iran auf diesem Weg daran arbeitet, seinen Einfluss in der Region auszubauen.
Anfang des Monats hatte die Regierung in Riad deshalb offiziell um Unterstützung durch pakistanische Kampfflugzeuge, Kriegsschiffe und Soldaten gebeten. Am 7. April jedoch verabschiedeten die pakistanischen Abgeordneten einen Beschluss, in dem Konflikt neutral bleiben zu wollen. Später stellte Premier Sharif in einer Fernsehansprache klar, dass sein Land trotzdem im Fall eines Angriffs auf Saudi Arabien jederzeit an der Seite von Riad stehen würde.
Hilfe durch die Hintertür
Beobachter gehen davon aus, dass die Auseinandersetzung zwischen Sunniten und Schiiten im Jemen noch länger andauern wird. Auch deshalb vermuten sie: Pakistans Hilfe wird weiterhin benötigt, auch wenn sie nur diplomatischer oder logistischer Natur ist.
"Die Saudis hat ja vor allem gestört, dass die Pakistanis nicht an ihrer Seite gekämpft haben. Dieser Besuch wird das thematisieren und allen regionalen Akteuren deutlich zeigen, dass Pakistan an der Seite Saudi Arabiens steht", sagte ein pakistanischer Diplomat lokalen Medienvertretern. Das zeige schon die Symbolik des gemeinsamen Besuchs von Regierungs- und Armeechef.
Nach Ansicht pakistanischer Medien könnte bei dem Besuch sogar eine Vereinbarung entstehen - eine Art "Entschädigung dafür, dass Pakistan an der militärischen Koalition nicht teilnimmt". Entsprechenden Spielraum würde der Parlamentsbeschluss lassen.
Nach Ansicht von Pakistan-Forscher und Journalist Farooq Sulehria geht es bei dem Besuch vor allem darum, möglichen Schaden einzudämmen: "Die pakistanische Führung will ihre Loyalität zum Königreich zeigen", sagte er im Gespräch mit der DW. Und das auch aus wirtschaftlichen Gründen: Saudi Arabien ist einer der größten Geldgeber Pakistans. "Aktuelle Zahlen zeigen, dass der größte Anteil der pakistanischen Devisen aus Saudi Arabien kommt. Die Anzahl der pakistanischen Arbeiter in den arabischen Ländern ist immens. Es wäre geradezu selbstmörderisch, die Saudis vor den Kopf zu stoßen", erklärt Sulehria.
Regionale Dynamiken
Der unbedingte Wille, Riad zu gefallen, könnte allerdings die Beziehungen zum Nachbarn Iran belasten. Seit Jahren sind die bereits angespannt. Immer wieder kommt es zu Grenzkonflikten und Teheran sieht gar nicht gern, dass Pakistan mutmaßlich verschiedene Gruppen sunnitischer Milizionäre unterstützt, die Angriffe im Osten des Iran verüben und schiitische Bürger in Pakistan töten.
"Es ist offensichtlich, dass die pakistanisch-iranischen Beziehungen seit geraumer Zeit nicht sehr herzlich sind. Wenn jedoch die pakistanische Regierung Saudi Arabien im Jemen-Konflikt unterstützt, wird sich das vermutlich weiter verschärfen", sagt Außenpolitik-Experte Tariq Pirzada der DW.
Pakistan sollte sich daher nicht in die Rivalität zwischen Saudi Arabien und dem Iran verwickeln lassen, fordert auch Musharraf Zaidi, außenpolitischer Beobachter aus Islamabad. "Wir dürfen nicht vergessen, dass Riad und Teheran ihre eigenen Interessen verfolgen. Deshalb sollte auch die pakistanische Regierung tun, was am besten für ihr Land ist." Das hieße auch: Ein möglichst gutes Verhältnis zu beiden haben, Saudi Arabien und dem Iran.