Osterinsel will archäologische Funde von Norwegen zurückfordern
Die Osterinsel will eine umfassende Sammlung archäologischer Funde vom norwegischen Kon-Tiki-Museum zurückfordern. Die Exponate wurden von dem Norweger Thor Heyerdahl in den 1950er Jahren zusammengesammelt.
Stumme Zeugen
Die Heyerdahl-Sammlung umfasse archäologische und ethnografische Stücke, Skulpturen, genetisches Material sowie eine große Anzahl Fotos aus den 1950er Jahren. Nach Angaben des chilenischen Außenministers Ampuero sei das norwegische Museum grundsätzlich bereit, die Rückgabe zu diskutieren.
Schlummernder Vulkan
Heyerdahl hat vor allem kleinere Exponate mit nach Norwegen genommen. Auf den Osterinseln blieben Statuen zurück, die im Durchschnitt vier Meter hoch sind und 12,5 Tonnen wiegen. Vermutlich gab es ursprünglich über 1000 solche Figuren. Die ausschließlich männlichen Statuen stammen alle von den Hängen des Vulkanes Rano Raraku und bestehen aus einem weichen Tuffstein.
Farbige Fassung
Trotz scheinbar gleichförmigen Aussehens war jede Figur individualisiert. Möglicherweise trugen die Statuen früher einen zylinderförmigen Aufsatz aus roter Gesteinsschlacke. Außerdem waren einige Figuren mit roter und schwarzer Farbe bemalt, die Augen wurden aus weißem Korallenkalk geformt.
Gestürzte Wächter
Die sogenannten Moai stehen nicht isoliert, sondern sind Teil einer Zeremonialanlage, die heute weitgehend zerstört ist. Auffallend ist dabei, dass die Standbilder ausnahmslos auf dem Gesicht liegen. Trotz umfangreicher Forschungen ist deren Zweck und das genaue Alter der kolossalen Moai umstritten, möglicherweise stellten sie Häuptlinge oder Ahnen dar, die Grabanlagen bewachten.
Riskantes Experiment
Weltweit bekannt wurde Heyerdahl durch seine Kon-Tiki-Expedition. Sie bewies, dass es den präkolumbischen Indianern Südamerikas technisch möglich war, Polynesien zu besiedeln. Für die Expedition verwendete er nur Materialien, die auch den Ureinwohnern zur Verfügung standen. Der Dokumentarfilm über die Expedition wurde später mit einem Oscar ausgezeichnet.
Nichtschwimmer auf Expedition
Die ganze Welt feierte den norwegischen Abenteurer. Allen Risiken zum Trotz zog Heyerdahl seine Expedition durch – dabei konnte er noch nicht einmal schwimmen. Hollywood inszenierte die Kon-Tiki-Expedition als Kampf gegen Urgewalten, Haie und andere Gefahren.
Museales Erbe
Die Fahrzeuge Kon-Tiki und Ra II sind im Kon-Tiki-Museum zu besichtigen, das Teil des Norwegischen Seefahrtsmuseums in Oslo ist. Dort sind auch die Exponate zu finden, die die Osterinseln gerne zurück hätten.
Suche nach dem Ursprung
Für die erste Osterinsel-Expedition (1955–1956) wählte Heyerdahl allerdings nicht wieder ein Floß, sondern einen Trawler. Die Expedition sollte zeigen, dass es auch auf den Osterinseln eine Einwanderungswelle aus Südamerika gegeben habe. Unter anderem nutzte das Osterinselvolk dieselbe Schilfart wie die Völker am Titicacasee.
These widerlegt
Heutzutage gibt es zwar keine Zweifel mehr an indianischen Kontakten zur Osterinsel, neuere archäologische, genetische und sprachwissenschaftliche Erkenntnisse haben aber die Theorie der Erstbesiedelung von Südamerika aus widerlegt.
Experimentelle Archäologie
Heyerdahl führte auch praktische Experimente mit den Moai-Statuen durch, die bei seiner Ankunft entweder umgestürzt, halb vergraben oder unvollendet waren. Er ließ Insulaner mit gefundenen Faustkeilen an den unvollendeten Steinfiguren arbeiten und vollendete Statuen aufrichten. Sein Buch Aku-Aku über die erste Expedition erschien im September 1957 und wurde wieder ein großer Publikumserfolg.
Gestohlener Freund in London
Chile verhandelt derzeit auch mit dem British Museum in London über die Rückgabe der weltbekannten Statue Hoa Hakananai'a ("gestohlener Freund"). Die Rückseite der nur 2,40 Meter großen Basalt-Skulptur ist mit Darstellungen von Vogelmännern, Tanzpaddeln und weiblichen Geschlechtsmerkmalen verziert.
Hölzerne Begleiter
Als Moai bezeichnet man auch kleine, meist vierzig Zentimeter hohe Holzfiguren. Sie zeigen meist einen ausgehungert wirkenden Mann mit deutlich vorstehenden Rippen, einem riesigen Kopf, langen Ohrläppchen und einer ausgeprägten Nase. Der Zweck der Figuren ist unbekannt, möglicherweise sind es Schutzgeister.
Hanseatische Replik
Kleinere Exemplare wurden von der Osterinsel fortgebracht und landeten in Museen oder Parks. Die meisten im Ausland ausgestellten Figuren sind allerdings Repliken. Auch der "Angelito" am Schaarmarkt in Hamburg wurde erst 2001 von Bildhauern der Insel wie in alter Zeit mit traditionellen Handwerkzeugen behauen und der Stadt als Touristenattraktion übergeben.
Plötzliches Ende
Die Moai-Produktion endete plötzlich, von einem Tag auf den anderen. Über die Gründe wird heftig spekuliert: eine Abkehr von der überlieferten Religion, ein Bürgerkrieg, eine Hungersnot, Klima- und Wetterkatastrophen, die ökologische Zerstörung der Insel durch die völlige Abholzung aller großen Bäume.
Weit entfernte Heimat
Die Osterinsel gehört erst seit 1992 zum Unesco-Weltkulturerbe. Ihr Name soll daher stammen, dass europäische Seefahrer sie erstmals Ostern 1722 erwähnten. Chile gliederte das 3500 Kilometer westlich vor seiner Küste gelegene Eiland 1888 in sein Staatsgebiet ein.