Ostasiatischer Dreiergipfel verbreitet Optimismus
3. November 2015Nach dem ersten gemeinsamen Gipfeltreffen zwischen Südkorea, Japan und China seit über drei Jahren herrscht vorsichtiger Optimismus. Die drei Wirtschaftsriesen scheinen tatsächlich gewillt zu sein, die hartnäckigsten Streitfragen zwischen ihnen zurückzustellen, um sich auf die Lösung aktueller gemeinsamer Probleme zu konzentrieren.
Natürlich werden weder China noch Südkorea jetzt plötzlich ihre Standpunkte gegenüber Japan aufgeben, weder was die Kolonial- und Kriegsvergangenheit angeht noch die andauernden Territorialstreitigkeiten. Peking und Seoul scheinen jedoch ernsthaft daran interessiert zu sein, den Fokus in den Beziehungen zwischen den drei Ländern auf konkrete Maßnahmen zu verlagern, die allen drei schwächelnden Volkswirtschaften helfen könnten.
Wirtschaftslage erzwingt Kooperationsbereitschaft
Die Beziehung der drei Länder war in den vergangenen Jahren vor allem von gegenseitigen Beschuldigungen, Forderungen und Vorhaltungen geprägt. Dass alle drei Staatschefs sich überhaupt gemeinsam an einen Tisch setzten, war für Beobachter schon ein Meilenstein.
"Ich werte das als Durchbruch", sagte Rah Jong-yil, der ehemalige Botschafter Südkoreas in London und Tokio der Deutschen Welle. "Die Berichterstattung in Seoul war grundsätzlich sehr positiv."
"Es ist offensichtlich, dass es noch viele Meinungsverschiedenheiten und Schwierigkeiten zwischen ihnen gibt", so Jong-yil. "Aber es ist auch klar, dass die größte Motivation für einen erfolgreichen Ausgang des Treffens die wirtschaftliche Lage aller drei Länder ist. Keine der drei Volkswirtschaften ist derzeit gut in Form und die Aussichten für die Zukunft sind auch nicht rosig. Also versuchen die Staatschefs, die heikelsten Probleme beiseite zu räumen, um einander wirtschaftlich zu unterstützen", analysiert der Ex-Botschafter.
Nach Einschätzungen von Experten war der Erfolg des Treffens für Südkorea sogar so wichtig, dass es seine vor Beginn der Gespräche an Japan gestellten Forderungen wieder zurücknahm. So hatte Südkorea von Japan verlangt, konkrete Fortschritte bei der Lösung der Frage der sogenannten "Trostfrauen" vorzulegen. Diese koreanischen Frauen waren während der japanischen Besetzung verschleppt und für das japanische Militär zur Prostitution gezwungen worden.
Japans Premier Abe hatte dem entgegnet, dass an das Gipfeltreffen keine Bedingungen geknüpft sein sollten, und mit diesem Standpunkt setzte er sich durch. Immerhin versprach er seiner Gastgeberin, der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye, in dieser Frage "Gespräche mit Südkorea voranzutreiben, um baldmöglichst eine Einigung zu finden."
"Tokio und Peking können Konflikte managen"
Die gegenseitige Versicherung, weiter über die Probleme der Vergangenheit sprechen zu wollen, erlaube den drei Seiten, sich aktuelleren Problemen zu widmen, meint Jun Okuma, Gastdozent am Meiji Institut für Globale Angelegenheiten.
"Abe muss sich eigentlich nur vom Yasukuni-Schrein fernhalten und wiederholen, dass seine Regierung gewillt sei, über die Geschehnisse der Vergangenheit zu reden", sagte Okuma. "Tokios größter Streitpunkt mit China ist die Frage nach der Hoheit über die Diaoyu/Senkaku Inseln, die von Japan kontrolliert werden. Die Situation dort mag weiterhin relativ angespannt sein, aber Tokio und Peking können diese Spannungen auf einem zivilen Niveau einfrieren, so dass die Gefahr einer Eskalation sinkt."
Auch Okuma sieht die Wirtschaftsentwicklung als das Hauptthema, dem sich die drei Länder widmen müssen. Ein vorgeschlagenes trilaterales Freihandelsabkommen ist wohl unrealistisch, da alle drei Länder derzeit unterschiedliche handelspolitische Prioritäten haben. Aber in Seoul, Tokio und Peking wird verstanden, dass sie ihre bereits existierenden engen Handelsbeziehungen weiter stärken müssen, wenn sie zukünftige Probleme gemeinsam meistern wollen.
Für China hat es laut Okuma Priorität, die Spannungen mit Japan soweit abzubauen, dass Japan wieder verstärkt Investitionen ins Land fließen lässt. Im vergangenen Jahr waren die japanischen Investitionen in China um mehr als 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.
Mediale Begleitmusik Chinas
Chinas Medien konnten sich einiger Seitenhiebe gegen Japan während des Gipfels nicht enthalten. Abe sei schuld an der dreijährigen Unterbrechung der trilateralen Gespräche, schrieb Meng Xiaoxu von der Pekinger Universität für Internationale Beziehungen in der "Global Times": "Es ist schade, dass Abe die Pause in den Gespräche nicht genutzt hat, um in sich zu gehen. Ihm fehlt es weiterhin an Aufrichtigkeit, wenn es um die Behandlung historischer Fragen geht."
Die Begleitmusik der staatlichen Medien Chinas, während die drei Länder versuchen, zu funktionierenden Beziehungen zurückzukehren, wird vor allem in einem Punkt aufschlussreich sein: Nämlich wie weit und wie schnell Peking seine neuen Beziehungen zu Tokio entwickeln will.