Orban hält Hochschul-Streit am Kochen
30. April 2017Im Präsidium der Europäischen Volkspartei (EVP) habe es Diskussionen mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban gegeben, berichtete Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel. EVP-Chef Joseph Daul erklärte, die Partei habe dem Ministerpräsidenten die "klare Botschaft" übermittelt, dass sie es nicht akzeptiere, "dass Grundrechte eingeschränkt oder geltendes Recht missachtet werden". "Die seit Jahren anhaltenden, ständigen Angriffe" von Orbans rechtskonservativer Fidesz-Partei hätten ein "Niveau erreicht, das wir nicht länger tolerieren können". Politiker der Fidesz gehören der EVP-Fraktion im EU-Parlament an, ebenso wie die Europa-Abgeordneten aus Merkels CDU.
Das umstrittene Hochschulgesetz könnte das Aus für die vom US-Milliardär George Soros gegründete, international renommierte Central European University (CEU) in Budapest bedeuten. Dem neuen Gesetz zufolge müssen ausländische Universitäten nicht nur in Ungarn, sondern auch in ihrem Heimatland einen Sitz haben. Doch darüber verfügt die CEU nicht.
Orban bestreitet Vereinbarung
"Für mich zählt dann natürlich - und das wird auch für die Kommission gelten -, was sind dann die tatsächlichen Ergebnisse", betonte Merkel mit Blick auf Orban. Und die Skepsis der Kanzlerin dürfte berechtigt gewesen sein. Denn der ungarische Regierugschef sagte später zu Journalisten in Brüssel, die Frage der CEU gehe "ihren rechtlichen Gang". "Dazu hat es keine Vereinbarung gegeben. Ungarn und die Kommission werden dies in den kommenden Monaten diskutieren. Der Rechtsstreit wird ein Endergebnis haben, und dieses Endergebnis wird umgesetzt."
Orbans Kabinettschef Antal Rogan sagte in einem Fernsehinterview, der Ministerpräsident habe bei seinem Treffen mit der EVP-Spitze "klar verdeutlicht, dass nach unserer Meinung keine Gesetzesänderung die Anwesenheit der CEU (in Ungarn) bedroht". Er zitierte Orban mit den Worten, dass "die Freiheit der Bildung und der Forschung (dieser Einrichtung) garantiert" seien und dass die CEU ihr neues Studienjahr starten könne.
Ungarns Regierung empört Brüssel
Die EU-Kommission hatte am vergangenen Mittwoch ein Verfahren wegen Verstößen gegen das Prinzip der akademischen Freiheit gegen Ungarn eröffnet. Der ungarischen Regierung wurde ein Monat gegeben, um das Hochschulgesetz zu korrigieren. Außerdem sorgt die von Orbans Regierung gestartete Bürgerbefragung "Stoppt Brüssel!" derzeit für Empörung in der Europäischen Union. Die "unverhohlene EU-feindliche Rhetorik der Kampagne" sei "inakzeptabel", betonte Daul.
wa/kle (afp, dpa, rtr)