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Opposition wirft Maas Zynismus vor

Sven Pöhle29. Juli 2014

Ein Interview von Justizminister Heiko Maas nutzt die Opposition als Steilvorlage: Sie kritisiert den Umgang der Bundesregierung in Sachen Edward Snowden - und droht mit juristischen Schritten.

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Justizminister Heiko Maas sitzt im Dezember 2013 während einer Regierungserklärung im Bundestag (Foto: Timur Emek/Getty Images)
Bild: Getty Images

"Die Bundesregierung verhält sich hoch zynisch", sagt der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz. Damit liegt er auf einer Linie mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei, Jan Korte. Beide kritisieren die jüngsten Aussagen von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in Sachen Edward Snowden. Maas hatte dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden zu einer Rückkehr in die USA geraten, um sich dort einem Verfahren zu stellen. Snowden wolle sicher nicht "immer auf der Flucht vor den US-Strafverfolgungsbehörden" sein und für "den Rest seines Lebens auf der ganzen Welt gejagt werden oder von einem Asyl zum nächsten wandern", hatte Maas der Nachrichtenagentur dpa gesagt.

Breitseite für Maas und die Bundesregierung

"Es ist eine Schande für die westlichen Demokratien - für Deutschland, aber auch für die USA -, dass jemand wie Snowden bei einem despotisch agierenden Herrscher wie Wladimir Putin Unterschlupf finden muss, weil er es eben weder in Deutschland noch in den USA kann", sagt von Notz, der Obmann der Grünen im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages ist.

Die Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele und Konstantin von Notz (l) bei der ersten Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses in Berlin am 03.04.2014. (Foto: Hannibal dpa/lbn)
Wollen Snowden in Deutschland: Die Grünen-Abgeordneten von Notz und StröbeleBild: picture-alliance/dpa

In seiner Heimat droht Snowden eine langjährige Haftstrafe. Die US-Justiz wirft ihm Spionage und Diebstahl von Regierungsgeheimnissen vor. Vor gut einem Jahr hatte der ehemalige NSA-Mitarbeiter streng vertrauliche Dokumente über Abhörmaßnahmen westlicher Geheimdienste an die Öffentlichkeit gebracht. Seit seiner Flucht aus den USA sitzt Edward Snowden in Russland fest. Die russischen Behörden gewährten ihm Anfang August 2013 ein temporäres Visum, das aber am 31. Juli ausläuft. Da sein Reisepass von den USA annulliert wurde, darf er die russische Grenze nicht überqueren.

Die Opposition fordert seit Monaten, Snowden vor den NSA-Untersuchungsausschuss zu laden, der Ausmaß und Hintergründe der Ausspähungen durch ausländische Geheimdienste in Deutschland aufklären soll. Der Bundesjustizminister müsse dafür sorgen, dass Snowden vor dem Ausschuss aussagen könne, doch "das tut er leider nicht", sagt von Notz. Er vermutet dahinter vor allem taktisches Kalkül: "Das könnte auch unangenehm für die deutsche Bundesregierung werden im Hinblick darauf, was deutsche Dienste tun und ob es nicht doch so etwas wie einen Ringtausch zwischen den Geheimdiensten gibt." Der Grünen-Abgeordnete hält es für möglich, dass die Geheimdienste in anderen Ländern die Verfassungsrechte brechen, um dann danach die Daten untereinander auszutauschen.

Bundesregierung: Kein Asyl für Snowden

Für den Bundesjustizminister könnte eine Vorladung Snowdens nach Deutschland auch aus anderen Gründen problematisch werden. Die USA haben ein Festnahmeersuchen an die Bundesregierung übermittelt - für den Fall, dass Snowden nach Deutschland kommen sollte. Laut Maas habe die Bundesregierung über das Ersuchen Washingtons noch nicht entschieden. Man wolle von den Vereinigten Staaten sehr genau wissen, wie die Umstände wären, wenn sich Snowden einem Verfahren in den USA stellen würde, sagte Maas. Auf entsprechende Fragen habe man aber noch keine Antworten bekommen: "Insofern gibt es für uns im Moment keinen Grund, auf einer unsicheren Datenbasis über ein Ersuchen der USA zu entscheiden."

Whistleblower Edward Snowden (Foto: AP)
Edward Snowden sitzt seit gut einem Jahr in Russland festBild: picture alliance/AP Photo

Prinzipiell lehnt die Bundesregierung eine Vorladung Snowdens nach Deutschland bislang ohnehin ab. "Die Voraussetzungen für Asyl liegen nicht vor", hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der vergangenen Woche noch einmal bekräftigt.

Opposition stellt Ultimatum

Dies sieht die Opposition anders. "Ob Snowden hier aufgenommen wird oder nicht, ist eine rein politische Entscheidung, sagt Jan Korte von der Linkspartei. Gemeinsam mit den Grünen will Kortes Partei die Vernehmung Snowdens vor den NSA-Untersuchungsausschuss notfalls gerichtlich erzwingen. Die Mehrheit des Ausschusses, der überwiegend aus Abgeordneten von Union und SPD besteht, hatte dagegen gestimmt, Snowden zur Befragung nach Deutschland zu laden. Ausschussmitglieder der Grünen und der Linkspartei haben nun von der Bundesregierung per Antrag verlangt, dass dieser Beschluss bis spätestens in der ersten Sitzung nach der Sommerpause revidiert wird. Sollten Union und SPD dies verweigern, droht die Opposition mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. "Das ist ein notwendiger Schritt, um nochmal Druck aufzubauen", sagt von Notz. Er hoffe "dass hier die Rechtsstaatlichkeit gegenüber den taktischen und meiner Ansicht nach illegitimen Interessen der Bundesregierung obsiegt".

Aktivisten demonstrieren am 05.06.2014 vor dem Reichstag in Berlin für den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden (Foto: Ruben Neugebauer/dpa)
"Ein Bett für Snowden": Demonstranten in Berlin fordern Asyl für den WhistleblowerBild: picture-alliance/dpa

Ob sich Edward Snowden noch in Russland befindet, wenn sich das Bundesverfassungsgericht gegebenenfalls mit der Angelegenheit beschäftigt, ist unklar. Nach Angaben seines Anwalts hat Snowden alle notwendigen Unterlagen für eineVerlängerung seines Aufenthalts in Russland eingereicht. In einem Interview mit einem US-Fernsehsender äußerte Snowden allerdings zuletzt den Wunsch, nach Amerika zurückzukehren.