Opferzahl nach Massaker in Äthiopien steigt
25. Dezember 2020Mindestens 207 Menschen wurden bei dem Massaker am Mittwoch getötet. Dies teilte der Bezirk Bulen in der Region Benishangul-Gumuz unter Berufung auf die Armee mit. Die Äthiopische Menschenrechtskommission und Amnesty International hatten zunächst von mehr als 100 Todesopfern gesprochen.
Bewaffnete hatten in Grenznähe zum Sudan Angehörige der Volksgruppen Amhara, Oromo und Shinasha angegriffen - zum wiederholten Male in den vergangenen Monaten. Nach der Attacke hätten die Streitkräfte mindestens 42 Männer getötet, die mutmaßlich an der Bluttat beteiligt waren, teilten die Behörden mit.
EU zeigt sich besorgt
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mahnte Untersuchungen über die Gewaltausbrüche an. Zudem sagte er, die EU verfolge die Krise in Äthiopien genau. Berichte über die kontinuierliche Beteiligung nicht-äthiopischer Akteure seien besorgniserregend, so Borell.
Die wegen der Corona-Pandemie verschobenen Parlamentswahlen in Äthiopien sollen nun am 5. Juni stattfinden. Gleichzeitig würden auch Kommunalwahlen abgehalten, teilte die Wahlkommission in Addis Abeba mit. Die Verschiebung der eigentlich für August dieses Jahres geplanten Abstimmung hatte zu Spannungen in der Region Tigray beigetragen, die zu im November zu einem militärischen Konflikt führten.
Abiy erhofft sich neues Mandat
Die Wahlen sind für den äthiopischen Regierungschef Abiy Ahmed von zentraler Bedeutung. Er erhofft sich das Mandat für die von ihm geplanten weitreichenden politischen und wirtschaftlichen Reformen in dem Land mit rund 110 Millionen Einwohnern.
Abiy war im April 2018 nach monatelangen Protesten an die Regierung gekommen. Alsbald brach er mit der autoritären Politik seiner Vorgänger: Er leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, ließ politische Gefangene frei, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und ließ etliche Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße festnehmen.
50.000 Äthiopier sind bereits geflohen
Zudem schloss Abiy mit dem jahrzehntelangen Erzfeind Eritrea ein Friedensabkommen. Dafür wurde ihm 2019 in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen. Mit der politischen Öffnung brachen allerdings alte ethnische Konflikte in dem Vielvölkerstaat wieder auf.
Nach der Verschiebung der Wahlen hatte die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF im September eigene Regionalwahlen abgehalten, die Abiy als "illegal" brandmarkte. Im November startete die Zentralregierung eine militärische Offensive gegen die Region, bei der Tausende Menschen getötet wurden. Mehr als 50.000 Einwohner flohen in den benachbarten Sudan.
nob/jj (afp, dpa)